„Jeder Mensch ist ein Künstler”
Kosmopolitische Übungen mit Joseph Beuys
27.3. – 15.8.2021
K20, Düsseldorf
Joseph Beuys (1921 in Krefeld 1986 in Düsseldorf) hat als Zeichner, Bildhauer, Lehrer, Politiker, Aktivist, Aktions und Installationskünstler die Kunst des 20. Jahr-hundert grundlegend verändert. Bis heute ist sein Einfluss in künstlerischen und politischen Diskursen spürbar. Sein 100. Geburtstag im Jahr 2021 bietet Anlass sein komplexes Wirken und seine internationale Ausstrahlung neu zu entdecken und kri-tisch zu befragen. Die Ausstellung im K20 der Kunstsammlung Nordrhein Westfalen bietet einen tiefgreifenden Einblick in das kosmopolitische Denken von Joseph Beuys, wie es sich in seinen Aktionen manifestiert. Denn hier als handelnde, spre-chende und sich bewegende Figur untersuchte Beuys die zentrale und radikale Idee seines Erweiterten Kunstbegriffs: „Jeder Mensch ist ein Künstler“. Das Ziel seines universalistischen Ansatzes war, die Gesellschaft von Grund auf zu erneuern.
Wie kein anderer Künstler seiner Zeit hat Joseph Beuys die Kunst mit gesellschaftlichen Prozessen verbunden, sie in einem universellen Anspruch der Politik, der Wissenschaft, der Philosophie und der Wirtschaft als schöpferische, verändernd wirkende Kraft angeboten. Die in 12 Kapitel untergliederte Ausstellung in der Klee Halle des K20 bietet einen tiefgreifenden Einblick in das kosmopolitische Denken von Joseph Beuys, wie es sich in seinen Aktionen manifestiert. Erstmals stehen diese im Zentrum einer Ausstellung, wo sie die performativen Potenziale seiner Kunst, sein aktionistisches Handeln, sein quasi rituelles Agieren und sein transformierender Umgang mit Objekten und Werkstoffen vergegenwärtigen. Als handelnde, sprechende und sich bewegende Figur untersuchte Beuys u.a. die zentrale Idee seines Erweiterten Kunstbegriffs: „Jeder Mensch ist ein Künstler“.
Daraus ableitend entwickelte Beuys seine revolutionäre Theorie der Sozialen Plastik, der ein Prozess der Selbsttransformation zugrunde liegt. Es müsse sich jeder Mensch als Künstler begreifen, sein Leben nach den Prinzipien der Plastik gestalten, um die Gesellschaft von Grund auf zu erneuern. Dabei stehen die schöpferischen Fähigkeiten und die im Denken angelegte unbedingte Freiheit des Menschen im Zentrum seines Erweiterten Kunstbegriffs.
In der Ausstellung treten zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler neben Vertreterinnen und Vertretern aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft mit Beuys in einen vielschichtigen, transkulturellen Dialog. Dabei bildet jeweils eine Aktion des Künstlers den Ausgangspunkt. So lassen sich damit nicht nur zentrale Fragen, Themen und Handlungs-potentiale seiner im Hier und Jetzt verorteten Utopie der Sozialen Plastik offenlegen, sondern seine Thesen zu den Möglichkeiten einer von der Kunst her gedachten Zukunft in den komplexen Dialogen mit den ausgewählten, zeitgenössischen Positionen weiterdenken.
Hinsichtlich der weltweit mit spürbarer Dringlichkeit geführten Diskurse über das Potenzial des kosmopolitischen Denkens, wirkt Beuys’ Suche nach Möglichkeiten der zwischenmenschlichen und alle Lebewesen umfassenden Solidarität aktueller denn je. Die Fragen,
die er formulierte, die Aufgaben, die er stellte, und eine Vielzahl der Kategorien, in die er diese unterteilte, finden ein Echo in allen Bereichen des heutigen Krisendenkens, ob in Kunst, Philosophie, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder ökologischen Bestrebungen. Dies will die Ausstellung exemplarisch sichtbar machen.
Die von raumlaborberlin entwickelte Ausstellungsarchitektur für die Klee Halle des K20 stellt die Aktionen von Joseph Beuys ins Zentrum ihrer Präsentation. Diese werden in Form von Videoprojektionen oder Fotografien jeweils prominent und für sich auf einer Wandfläche präsentiert. Die Aktionen treten in einen fruchtbaren Dialog, in einen geistigen Austausch, der Beuys’ Aufforderung zur „permanenten Konferenz“ beherzigt. Diese diskursive Gegenüberstellung entfaltet sich in einem weitgehend offenen, durch einzelne Raumni-schen strukturierten Ausstellungsparcours, der zahlreiche Blickachsen ermöglicht: sowohl zwischen den vielschichtigen Aktionen von Joseph Beuys als auch zwischen diesen und den zeitgenössischen Stimmen. Im Sinne eines gleichberechtigen Zugangs werden hier die Besucherinnen und Besucher als aktiv wahrnehmende, mitdenkende, mitsprechende, mitfühlende und handelnde eingeladen, die transformative Kraft der Kunst zu erkunden.
Eine Ausstellung im Rahmen von „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“. Ein Projekt des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein Westfalen in Zusammen arbeit mit der Heinrich Heine Universität Düsseldorf als Träger. Schirmherr des Jubiläumsjahres ist Ministerpräsident Armin Laschet.
Positionen in der Ausstellung:
Joseph Beuys, B Town Warriors, Phyllida Barlow, Nelly Ben Hayoun Stépanian, Fatou Bensouda, Huma Bhabha, Dineo Seshee Bopape, Angela Davis, Bob Dylan, Dusadee Huntrakul, Charles Foster, Núria Güell, Donna Haraway, Raphael Hillebrand, Jenny Holzer, Michel Houellebecq, Zoe Leonard, Goshka Macuga, Milk Tea Alliance, Lutz Mommartz, Tuan Andrew Nguyen, PopeL., Tejal Shah, Vandana Shiva, Santiago Sierra, Patti Smith, Edward Snowden, Christopher D. Stone, Suzanne Lacy, The Otolith Group, Thich Nhat Hanh, Greta Thunberg, Mierle Laderman Ukeles.
Kuratoren: Dr. Isabelle Malz (Kuratorin der Kunstsammlung Nordrhein Westfalen), Dr. Catherine Nichols (Gastkuratorin) und Prof. Dr. Eugen Blume (Gastkurator)
Publikation
Zur Ausstellung erscheint eine diskursive, materialreiche Publikation in deutscher und eng-lischer Sprache im Hatje Cantz Verlag. Diese vertieft den in der Ausstellung begonnenen Dialog mit Beuys um die Kunst als Voraussetzung einer überlebensnotwendigen Transfor-mation der Gesellschaft auf allen Ebenen, indem namhafte Autorinnen und Autoren aus den verschiedensten Disziplinen dem Satz, dem Gedanken, dem Postulat auf den Grund zu gehen, dass jeder, wirklich jeder Mensch ein Künstler sei.
Herausgeber*innen: Susanne Gaensheimer, Isabelle Malz, Catherine Nichols und Eugen Blume. Mit Beiträgen von Catherine Malabou, Helen Hester, Wolfgang Müller, María Cecilia Barbetta, Maja Göpel, Marina Naprushkina, Ana Teixeira Pinto u.v.m
Hatje Cantz Verlag, Berlin
336 Seiten / Preis im Museum: 39 EURO
Erscheint in deutscher und englischer Ausgabe
Bildnachweis: Joseph Beuys, Scheveningen, 1976, Foto: Caroline Tisdall
K20 Grabbeplatz
Grabbeplatz 5,
40213 Düsseldorf
www.kunstsammlung.de