Ausstellungen der Günther-Peill-Stiftung
Preisträgerin der Günther-Peill-Stiftung 2018: Alice Creischer
Stipendiat*innen der Günther-Peill-Stiftung 2018 – 2020: Kasia Fudakowski und Pakui Hardware
2. Mai – 8. August 2021
Das Leopold-Hoesch-Museum zeigt die Ausstellungen der Günther-Peill-Stiftung mit der Preisträgerin Alice Creischer und den Stipendiatinnen Kasia Fudakowski und Pakui Hardware. 2018 wurden die Künstlerin Kasia Fudakowski und das Künstlerduo Pakui Hardware aus einer Reihe vielversprechender Positionen für die zweijährigen Förderstipendien der Günther-Peill-Stiftung über je insgesamt 18.000 € gewählt. Der mit 20.000 € dotierte Preis der Günther-Peill-Stiftung ging an die Künstlerin Alice Creischer.
Die Stiftung würdigt alle drei Künstlerinnen über die finanzielle Förderung hinaus abschließend mit einer Ausstellung im Leopold-Hoesch-Museum. Zu den Ausstellungen der Stipendiatinnen Kasia Fudakowski und Pakui Hardware erscheinen Publikationen im Verlag StrzeleckiBooks, Köln.
Das Auswahlverfahren der Preisträgerin 2018 und der Stipendiatinnen 2018-2020 fand auf der Basis von Vorschlägen internationaler Kuratorinnen statt und wurde vom Vorstand der Stiftung, bestehend aus Anja Dorn, Dr. Eberhard Peill und Aurel Scheibler sowie der Gastjurorin Karola Kraus (Direktorin mumok, Wien) im Sommer 2018 abgehalten.
Die Günther-Peill-Stiftung wurde von Carola Peill 1986 zu Ehren ihres Mannes Günther Peill gegründet, um junge Künstlerinnen zu fördern und diese zu Ausstellungen nach Düren zu bringen. Seit 1987 vergibt die Günther-Peill-Stiftung zweijährige Stipendien und seit 1996 den hochdotierten Peill-Preis. Es ist der Stiftung ein besonderes Anliegen, sowohl anerkannte als auch junge zeitgenössische Positionen zu unterstützen und zu würdigen. Bisherige Preisträger*innen der Günther-Peill-Stiftung seit 1996: Thomas Schütte, Rosemarie Trockel, Peter Fischli und David Weiss, Jimmie Durham, Tamara Grcic, Gregor Schneider, David Claerbout, Saâdane Afif und Haris Epaminonda.
ALICE CREISCHER
„Komm, wir gehen in die Wälder“
Preisträgerin der Günther-Peill-Stiftung 2018
Alice Creischers (1960 in Gerolstein) künstlerische Praxis ist geprägt durch die kritische Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart des Kapitalismus, dessen weltweiten Auswirkungen auf soziale und ökologische Lebensbedingungen und den damit verbundenen soziologischen und ästhetischen Diskursen. Die Inhalte, die sich aus ihren Überlegungen und Erfahrungen ergeben, überträgt sie in szenografische Situationen. So schafft sie begehbare Bühnenbilder, in denen auch Texte zu Bildern werden. Zahlreiche Kollaborationen mit anderen Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen zeugen von Creischers Freude an der Arbeit mit unterschiedlichen Formen künstlerischer Autorschaft. Im Leopold-Hoesch-Museum wird Alice Creischer unter anderem eine Auswahl ihrer Filme zeigen, wie „Feindesliebchen“ (2002), „Für Camille B.“ (2015), „Die Parzen“ (2019), „April, Juni, Herbst“ (2020). Oft sind Orte, an denen sich politische Verhältnisse konkret manifestieren, Ausgangspunkt dieser Filme. In „In the Stomach of the Predators” (2014) beispielsweise wandert eine Horde Raubtiere von Spitzbergen in die Republik Benin und die Türkei. Ausgangspunkt des Films ist der weltweite Saatgut-Tresor auf Svalbard, Spitzbergen, in dem alle Arten von Nutzpflanzensamen in einer Art Speicher im Permafrost aufbewahrt werden sollen. Das viel gelobte Projekt wird allerdings unter anderem von der Weltbank und einigen der größten Samen- und Pestizidproduzenten der Welt mitfinanziert, die für die massive Reduktion der Artenvielflat von Nutzpflanzen verantwortlich sind. Creischers Rückgriff auf Methoden des Brechtschen Theaters, des Stummfilms und des Scherenschnitts verwandeln den Film in eine Parabel über konkrete Auswirkungen des globalen Kapitalismus. Für das Leopold-Hoesch-Museum hat Alice Creischer die Installation „Komm, wir gehen in die Wälder“ entwickelt, die sich mit dem rheinischen Tagebau auseinandersetzt, seiner Verzahnung mit dem globalen Wirtschaftssystem und der Politik sowie den Aktivistinnen in und um den Hambacher Forst, die versuchen, den weiteren Braunkohleabbau zu stoppen. Aufgrund der pandemiebedingten Hygienevorgaben kann das Konzept allerdings leider nicht umgesetzt werden. Es beinhaltete diverse Objekte, wie eine Leiter und Kopfhörer, die von Besucher*innen berührt werden müssten oder bei deren Gebrauch sich Menschen nahekommen.
Stattdessen präsentieren wir daher eine Art Skizze des Werks. Das Partisanenlied ist nicht – wie gedacht – über Kopfhörer zu hören, sondern als Skript an der Wand zu lesen. Es wartet noch auf seine eigentliche Inszenierung, die dann im Herbst im Rahmen der Ausstellung „Vom Leben in Industrielandschaften II“ realisiert wird. Im Mittelpunkt der Arbeit steht ein Pelzmantel, der an einem selbstgesponnenen Jutefaden hängt und durchzogen ist von eingestickten Bildern, Texten und Objekten. Kostüme stehen in Creischers Arbeit für die unterschiedlichen Rollen einer Inszenierung. In diesen handbearbeiteten Kleidungsstücken, den Gedichten und Balladen zeigt sich aber auch, wie sich wirtschaftliche und politische Verhältnisse in den Körpern einzelner manifestieren. Stets geht es ihr darum, mit Ihrem Bilderkosmos einen Gegenentwurf zur Bilderwelt des Kapitalismus in die Welt zu setzen.
KASIA FUDAKOWSKI
„Türen“
Stipendiatin der Günther-Peill-Stiftung 2018 – 2020
Ein vielgestaltiger Paravent durchzieht den Ausstellungsraum. Kasia Fudakowskis (*1985 in London) Langzeitskulptur „Continuouslessness“ vereint unterschiedlichste Elemente zu einer Parade kontrastierender Materialien, Formen und Farben. Variabel in der Anordnung bilden die einander stützenden Module Nachbarschaften auf Zeit. Das schräge, andeutungsreiche Beziehungsgefüge mit zungenbrecherischem Titel wirft Fragen nach Abhängigkeit, Spielraum und Autonomie innerhalb eines Systems auf – und führt nebenbei in den konzeptuell grundierten, bildhauerischen Kosmos der Künstlerin.
Häufig eignet sich Fudakowski, deren Arbeiten auf einem schmalen Grat zwischen Komik und Schrecken balancieren, Formensprache und Wortschatz spezifischer Branchen oder Institutionen an. Mit Sprachwitz legt sie Stereotype und die Willkürlichkeit von Vorschriften bloß und führt Ordnungsstrukturen ad absur-dum. Dabei nimmt sie Bezug auf Bereiche wie Kunsthandwerk oder Stand-Up-Comedy und bezieht andere in die Produktion mit ein. Erstmals zeigt sie in Düren auch Holzschnitte, die für ihr Buch „The Roll of the Artist“ entstanden. Sie deutet darin auf reale wie mentale Türen, die es in einem von Konventionen und Rollenmustern geprägten Alltag zu öffnen gilt.
PAKUI HARDWARE
„Shapeshifters“
Stipendiat*innen der Günther-Peill-Stiftung 2018 – 2020
Zunehmend treten wir in Interaktion mit Maschinen mit künstlicher Intelligenz. Wie verändert sich das Verhältnis zu Körper und Technik, wenn Assistenzsysteme zu Dialogpartnern werden und „virtuelle Fürsorge“ menschliche Kontakte ersetzt? Fragestellungen wie diese bilden die Basis der künstlerischen Arbeit von Pakui Hardware (Ugnius Gelguda *1977 und Neringa Cerniauskaite *1984 in Litauen), in deren Zentrum der Körper als veränderliche, optimierbare Schnittstelle zahlreicher Einflüsse steht. Ihre Installationen um-kreisen die Beziehung zwischen Mensch, Umwelt und Technologie. Organische und synthetische Elemente verbinden sich zu hybriden skulpturalen Konstellationen, die kategoriale Trennungen von Natürlichem und Künstlichem, Innen und Außen hinterfragen. Einige wecken Assoziationen an Stoffwechselprozesse oder futuristische Laborapparaturen, andere erscheinen als Figurationen fremdartiger Lebensformen, von denen in ihrer fragmentarischen Gestalt eine unheimliche Energie ausgeht. Indem sie auf die mit Digitalisierung, synthetischer Biologie, Robotik und Körperdesign einhergehenden Versprechen, Ängste und Gefahren verweisen, entfalten die Arbeiten auch ein kritisches Potenzial.
Bildnachweis: Ausstellungsplakat
Leopold-Hoesch-Museum
& Papiermuseum Düren
Hoeschplatz 1
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