7. Februar – 16. Mai 2021

Zwei Ausstellungen in Essen – präsentiert vom Museum Folkwang und der Villa Hügel – widmen sich dem Künstler Martin Kippenberger.

The Happy End of Franz Kafka’s ‚Amerika‘ (Museum Folkwang)

Jeder Satz ein Ausruf! Plakativ, auffordernd, herausfordernd, einnehmend und vereinnahmend, provozierend, dabei zutiefst humanistisch – so oder so ähnlich beschreiben Weggefährten den Künstler Martin Kippenberger (1953–1997). The Happy End of Franz Kafka’s ‘Amerika’ – diese Ausstellung, wie Kippenberger sie selbst nennt, als sie nach vielen Jahren der Vorbereitung erstmals 1994 im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam gezeigt wird –, ist die Geschichte eines Lebens, seines Lebens, aber auch die vieler Leben, unserer Leben – erzählt am Beispiel Karl Roßmanns.

Kafkas Figur, der junge Karl Roßmann, wird von seinen Eltern nach Amerika geschickt und irrt auf sich allein gestellt von New York aus durch die amerikanische Provinz, bis er eines Tages den Anschlag ‚Jeder ist willkommen! Wer Künstler werden will, melde sich!‘ des großen Theaters von Oklahoma liest. Ob dort seine Hoffnung auf ein besseres Leben erfüllt wird, bleibt in Kafkas unvollendetem Werk unbeantwortet. Inspiriert von Kafkas literarischer Mision massenhafter, gleichzeitig stattfindender Einstellungsgespräche auf der Rennbahn zu Clayton entwickelt Kippenberger ein dreidimensionales Bild, das Arena und Ausstellung zugleich ist. Mit fünfzig von ihm zusammengestellten Tisch-Stuhl-Ensembles, die Readymades, Fundstücke, spezifische Anfertigungen sowie Kunstwerke Kippenbergers und zahlreicher befreundeter Künstlerinnen und Künstler umfassen, imaginiert er einen kafkaesken Kommunikationsraum auf einem 20 × 23 Meter großen stilisierten Fußballfeld. Zwischen Designermöbeln, selbst gebauten Konstruktionen und skulpturalen Objekten, Hoch- und Schleudersitzen ist hier Platz für eine ebenso große Anzahl an Interviewsituationen: symbolische Stationen eines, seines (Künstler-)Lebens und Sinnbild für die sprachliche Verständigung und den dauernden Kampf um Anerkennung. Zwischen ständigem Aufbegehren und scharfsinniger Gesellschaftsanalyse entfaltet das Werk den künstlerischen Kosmos Kippenbergers als Ausstellung und konfrontiert die Betrachter mit gesellschaftlichen Fragen nach den Mechanismen von beruflichem Erfolg, Integration, Repression und Macht. Während Kippenberger bei der Erstpräsentation im Museum
Boijmans Van Beuningen zusätzlich zu seiner Sammlung Möbelobjekte aus den Beständen der dortigen Museumssammlung für Angewandte Kunst integriert, werden in Essen ‚vergessene Einrichtungsprobleme‘ aus der Villa Hügel ihren Platz in der Ausstellung im Museum Folkwang einnehmen.

Vergessene Einrichtungsprobleme in der Villa Hügel (Villa Hügel)

Die Ausstellung präsentiert rund 120 Bücher und 100 Plakate Martin Kippenbergers. Für Kippenberger spielten Bücher und Plakate zeitlebens eine wichtige Rolle. Jetzt sind seine Künstlerbücher in der historischen Bibliothek der Villa Hügel zu Gast. Die experimentellen und mitunter provokativen Bücher stehen dort in wirkungsvollem Kontrast zu den klassischen Buchbeständen der Familie Krupp. Die Präsentation der Plakate in den ehemaligen Wohnräumen der Villa Hügel richtet den Blick vor allem auf die unterschiedlichen Formen der Selbstinszenierung des Künstlers sowie auf seine Stellung im Netzwerk mit befreundeten Künstler*innen.

Bildnachweis: Martin Kippenberger, The Happy End of Franz Kafka’s ’Amerika’, 1994, Installationsansichten Museum Folkwang, Essen 2021, © Estate of Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Cologne, Fotos: Simon Vogel


Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
T +49 201 8845 000
https://www.museum-folkwang.de/

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