Denise Winter
Schreibmaschinenzeichnung_2015TLV01/02
2015
Tinte, Papier
Es handelt sich hier um ein Gedicht der Künstlerin, das sie bei einem Aufenthalt im Juli 2015 in Tel Aviv geschrieben hat. Sie diktierte das Gedicht einer Israelin, die kein Deutsch spricht und die deutschen Worte in die hebräische Schrift übertrug. Somit achtete sie nur auf die phonetischen Laute der deutschen Sprache, ohne zu wissen, wie die Worte auf Deutsch geschrieben werden oder welche Bedeutung sie haben. Daraus entstand ein Text, der in hebräischer Schrift geschrieben steht, jedoch deutsch klingt, sobald ihn jemand vorliest, der die Aussprache der hebräischen Buchstaben kennt.
Der Text wird auf das gefaltete Papier getippt, das in einem späteren Schritt auseinandergefaltet wird und dabei den zusammenhängenden Text zerteilt. Somit stellen die Knickkanten des Papiers Schnittkanten des Textes dar, der sich wie auseinandergerissen präsentiert. Nicht nur Sätze oder Worte, einzelne Buchstaben sogar sind geteilt, wodurch das Verständnis der Semantik des Textes erschwert und verhindert wird.
Die seriellen, gleichförmigen Buchstaben stehen der individuellen Faltung des Papiers gegenüber. Durch die Faltung entstehen aus den Papieren dreidimensionale Objekte. Die Buchstaben werden mit einer Schreibmaschine über Kanten und Brüche getippt. Wie der Faden einer Nähmaschine verbinden sie die Papierteile.
Wird das Papier entfaltet entstehen Formen. Diese Formen werden hier nicht wie in den installativen Projektionen und den Objektarbeiten durch die Reduktion von architektonischen Elementen, sondern durch die Größe der Buchstabenfelder gebildet. Die Zeichnung steht vor der Lesbarkeit des Textes wodurch der Inhalt hinter die Form zurücktritt. Es entsteht ein Spiel zwischen lesbarer Sprache und abstrakter Form. Die Buchstaben und Wörter können sowohl als bedeutungstragendes Zeichen als auch als konkrete Zeichnung gelesen werden.
Text: Samira Yildirim