12. September – 17. November 2024
Neue Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK)


Eröffnung: 11. September 2024, 18 Uhr
Pressevorbesichtigung: 10. September 2024, 11 Uhr
Anmeldung unter kommunikation@ngbk.de

Die Gruppenausstellung Orangerie der Fürsorge widmet sich der Topfpflanze als Ausgangspunkt für die Verbindung von ökologischen, feministischen und postkolonialen Fragen. Rund um eine ortsspezifische Rauminstallation zur Pflege und Vermehrung ausrangierter Zimmerpflanzen verhandeln 13 Arbeiten von zeitgenössischen Künstler_innen die Beziehung zwischen Mensch und Pflanze im urbanen Raum. 

Zimmerpflanzen sind ebenso in die Kolonialgeschichte botanischer Gärten und die industrielle Zerstörung von Lebensräumen verstrickt wie in privatisierte Praktiken der Lebenserhaltung. Wie schon im Bürgertum des 19. Jahrhunderts gilt die domestizierte Form einst verschleppter Gewächse auch heute noch als Statussymbol. Die Pflege von Gummibäumen, Monsteras und Yuccapalmen gehört zu vermeintlich unpolitischer Hausarbeit. Das Zusammenleben von Menschen mit Pflanzen zu überdenken heißt, die Fetischisierung und Exotisierung von Pflanzen sowie ihre Rolle für die Naturalisierung (post-)kolonialer Verhältnisse zu hinterfragen – und gleichzeitig die Bedeutung von regenerativen und sorgenden Tätigkeiten zur Erhaltung von Ökosystemen zu reflektieren.

Wie spiegelt das Befinden von Pflanzen menschliches Verhalten wider? Wie sind Begegnungen mit Pflanzen von (post-)kolonialen Verhältnissen beeinflusst? Kann ein Überdenken der Beziehungen mit Pflanzen auch zu einem Umlernen menschlicher Beziehungen untereinander führen?

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen hat die Künstler_innengruppe PARA ein Gewächshaus für die Pflege und Vermehrung ausrangierter Zimmerpflanzen konzipiert. Es erzählt von Haushalten und Büros als von Pflanzen belebten Räumen, spekuliert über das virtuelle Weiterleben der Pflanzen und macht das Prinzip der Freundschaft für die Ausbreitung der Gewächse nutzbar. Die nGbK-Arbeitsgruppe, die die Ausstellung entwickelt, setzt sich aus Mitgliedern von PARA zusammen. Von ihrer Rauminstallation geht das kuratorische Konzept für die „Orangerie der Fürsorge“ aus: In der Gruppenausstellung verhandeln Video- und Rauminstallationen, Skulpturen, Malereien und Textilarbeiten verschiedene Dimensionen der Beziehungsweisen zwischen Mensch und Pflanze. Sie offenbaren die Spannungen zwischen Schutz und Kontrolle, die der Pflanzen(er)haltung innewohnen, und fragen nach ihrem transformativen Potenzial.

Arbeiten von Anne Marie Maes & Margarita Maximova, Bethan Hughes, Marlene Heidinger, Hoda Tawakol und Sophie Utikal thematisieren die Grundlagen für Leben und Lebendigkeit, die Grenzen fürsorglicher Ressourcen und Konstruktionen von Natur und Weiblichkeit. Filme von Jesse McLean und Rob Crosse erkunden die verschiedenen Sorgebedürfnisse von Pflanzen, die mit Menschen zusammenleben, und Systeme gegenseitiger Unterstützung, während Jana Kerima Stolzer & Lex Rütten die technische Herstellbarkeit künstlicher Natur unter idealisierten Vorstellungen von Biohacking hinterfragen. Samir Laghouati-Rashwan und Julia Löffler spüren dem Fortwirken des Kolonialismus nach, wenn Menschen sich Pflanzen zu Nutze zu machen und aus ihnen Kapital schlagen; Laure Prouvosts Videoarbeit wiederum stellt sich liebkosend in den Dienst der sie umgebenden Lebewesen. Werke von Shirin Sabahi und Dunja Krcek beschäftigen sich mit der Ambivalenz des Gartens zwischen Utopie und Dystopie und dem relationalen Raum zwischen Mensch und Pflanze, der entsteht, wenn man beim Anblick von Blumen Schönheit empfindet.

Das begleitende Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm besteht aus verschiedenen Performances, Talks und Aktivierungen des Raums und nimmt auch auf die pflanzliche Biodiversität der umgebenden Stadtlandschaft Bezug.

Ausstellung mit Arbeiten von Rob Crosse, Marlene Heidinger, Bethan Hughes, Dunja Krcek, Samir Laghouati-Rashwan, Julia Löffler, Anne Marie Maes & Margarita Maximova, Jesse McLean, PARA, Laure Prouvost, Lex Rütten & Jana Kerima Stolzer, Shirin Sabahi, Hoda Tawakol, Sophie Utikal

Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm mit Fanny Brandauer, Anguezomo Nzé Mboulou Mba Bikoro, Josephine Hans, Bethan Hughes, Nane Kahle, Dunja Krcek, Jessica J. Lee, Anne Marie Maes & Margarita Maximova, Marylou, Juliana Oliveira, Mélia Roger, Shirin Sabahi, Miki Yui u.a.nGbK-Arbeitsgruppe: Lina Brion, Vanessa Opoku, Jonas Fischer, Amelie Neumann, Kolja Vennewald

Bildnachweis: Shirin Sabahi: Muted Fanfare for the Shy, 2013 (Videostill). Courtesy die Künstlerin & VG Bild-Kunst, Bonn


nGbK am Alex
Karl-Liebknecht-Straße 11/13, 10178 Berlin, 1. Etage (Zugang über Rolltreppe)
Öffnungszeiten: Di–So 12–18, Fr 12–20 Uhr
Eintritt frei
Der Besuch mit Rollstuhl und Kinderwagen ist barrierefrei möglich. Weitere Informationen zum Besuch auf ngbk.de

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