29. April – 12. Juni 2022

Kunstverein Göttingen


“Not a civilzation, but you, [Nicht eine Zivilisation, sondern du,]“ ist ein Satz, der zunächst ins Leere zu laufen scheint. Im Kontext der Ausstellung, die die Künstlerin Ellen Martine Heuser im Kunstverein Göttingen zeigt, ist der Halbsatz, der den Titel der Ausstellung bildet, jedoch eine Aufforderung an uns als Individuen. Es ist die Aufforderung, uns selbst als Teil einer Zivilisation zu sehen, in der wir handelnde Akteur*innen sind. Als Teil einer Zivilisation, die wir mitgestalten können und für deren gesellschaftliche Ordnung und Erfolge und Misserfolge wir Verantwortung tragen.

Von diesem Ausgangspunkt ausgehend nimmt Ellen Martine Heuser in der Ausstellung im Alten Rathaus Göttingen unsere zivilisatorische Vergangenheit in den Blick und analysiert in gleichem Maße das Hier und Jetzt. Die Arbeit Dorf (2015) ist beispielsweise die künstlerische Analyse eines Lebensraumes, der noch heute Bestand hat. Die einzelnen Elemente der Arbeit – etwa Brunnen, Trog, Haus – stellen eine Verbindung zur unmittelbaren Umgebung der Ausstellung her und bilden eine Referenz zu jener Zivilisation, die die Ausstellung umgibt. Gleichzeitig verweisen Arbeiten wie Mausoleum (2022) oder Nekropolis (2020) auf die Antike der westlichen Geschichtsschreibung und lassen die Frage zu, wie diese Gesellschaften und ihre Bräuche und Errungenschaften, das heutige Zusammenleben prägen.

Auch körperliche Arbeit ist Teil der künstlerischen Herangehensweise von Ellen Martine Heuser. Die Künstlerin nimmt selbst Ausgrabungen vor und greift Traditionshandwerke auf, wie etwa den Glockenguss. Durch diese Handlungen bringt sie jene Formen und Geschichten an die Oberfläche, die sonst im Verborgenen existieren. Gleichzeitig unterstützen die künstlerischen Arbeiten uns dabei, unsere Umgebung zu ordnen und uns mit unserer Zivilisation auseinander zu setzen.

Ellen Martine Heuser (*1990 Kopenhagen / DNK) zeigt mit Not a civilization, but you, ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland. Sie hat in Hamburg und Warschau Bildende Kunst studiert und war sowohl in Deutschland als auch international an Ausstellungen beteiligt, u.a. in Belgien, Polen und Österreich. Ihre intensive und prozessorientierte künstlerische Auseinandersetzung mit Orten sowie ihre Infragestellung der Skulptur als rein physisches Objekt wurde vielfach anerkannt, Heuser verbrachte u.a. Arbeitsaufenthalte in Kopenhagen, Vilnius und Wien.

Kuratiert von Vincent Schier
Bildnachweis: Ellen Martine Heuser, Website(Ausschnitt)


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