Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen
24. September 2020 – 7. Februar 2021
Pressekonferenz: Dienstag, 22. September 2020, 11 Uhr
Eröffnung: Mittwoch, 23. September 2020, 19 Uhr*
Jeden Tag werden Milliarden Emojis über digitale Endgeräte versendet. Seit ihrer plattformübergreifenden Standardisierung 2009 entwickelten sich Emojis innerhalb weniger Jahre zu einem Phänomen digitaler Massenkommunikation. Sie haben den alltäglichen Umgang mit Piktogrammen, also Informationen, die über ein System von Bildern vermittelt werden, nachhaltig verändert. Die heute weit über 3000 standardisierten Emojis sind in den sozialen Netzwerken ständig präsent. Sie spiegeln die Sehnsucht nach einzigartigen Gefühlsäußerungen in einer hoch funktionalen, globalisierten Welt. Die Ausstellung „Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen“ geht der Frage nach, mit welchen Überlegungen, Zielsetzungen und Hoffnungen die Entwicklung moderner Bildzeichensprachen einschließlich der Emojis verbunden ist. Auf welche Probleme ihrer Zeit reagieren sie jeweils? Erweitern sie unsere Ausdrucksmöglichkeiten oder schränken sie diese durch die Festlegung von Stereotypen ein?
Im Jahr 1925, zur Zeit des „Roten Wien“, gründete der Nationalökonom Otto Neurath das Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum Wien. Dort sollten volkswissenschaftliche Daten und Tatsachen auch denjenigen Menschen vermittelt werden, die nicht lesen konnten. Otto Neurath, seine Frau Marie Neurath, der Künstler Gerd Arntz und ihr Team entwickelten für diesen Zweck eine sogenannte „Bildpädagogik“ – die Wiener Methode der Bildstatistik (später ISOTYPE – International System of TYpographic Picture Education). Ihre Entwürfe spiegeln das Spannungsfeld, in dem sich das Projekt bewegt: zwischen wissenschaftlichem Objektivitätsanspruch auf der einen Seite und freiem künstlerischen Ausdruck auf der anderen. Besonders deutlich wird dieser doppelte Ansatz im Vergleich zu der Arbeit von Otl Aicher. Dessen grafisches System für die Olympischen Sommerspiele 1972 in München setzt auf strenge Gestaltungsregeln und maximale Funktionalität. Eine emotional aufgeladene Bildsprache lehnt er nach der Erfahrung des Nationalsozialismus ab.
Auf Otl Aichers rationale Piktogrammatik wiederum reagieren Künstler*innen wie Warja Lavater, Pati Hill und Wolfgang Schmidt mit sehr viel spielerischen und intimeren Gegenentwürfen.
Hinter jedem dieser Ansätze steckt eine Vorstellung davon, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und durch Zeichen beschreiben können. Gleichzeitig tragen die Zeichen aber auch die Ideale eines gesellschaftlichen Austauschs und Miteinanders in sich. Yukio Ota und Timothée Ingen-Housz belassen es nicht bei Piktogrammsystemen, sondern konstruieren Bildsprachen mit eigenen Grammatiken und erweiterbaren Zeichensätzen, die durch universelle Verständlichkeit für den globalen Austausch genutzt werden sollen.
Das Spiel mit den Möglichkeiten und Mehrdeutigkeiten von Piktogrammen sowie die Kritik und Infragestellung derselben bestimmt auch heute den Umgang mit den vom Unicode-Konsortium freigegebenen und weltweit genutzten Emojis.
Ihre Wegbereiter*innen, wie beispielsweise Shigetaka Kurita, Autor eines der ersten Emoji-Sets von 1999, sind den weltweiten Nutzer*innen oft nicht bekannt. „Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen“ stellt einige dieser Bildzeichen-Autor*innen vor, die sich wie Gerd Arntz dafür entschieden haben, große Teile ihrer Arbeitszeit nicht allein mit der Produktion von Kunst, sondern mit der Gestaltung von Kommunikation zu verbringen. Nur einige von ihnen hatten den Anspruch, mit ihren Piktogrammen universelle Verständigungshilfen zu entwickeln. Andere setzten von vornherein auf intimere Kommunikationsräume und individuelle, immer auch veränderbare Formen des Austauschs.
„Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen“ ist ein Kooperationsprojekt mit dem Museum für Neue Kunst Freiburg. Dort wird die Ausstellung vom 27.03. bis zum 12.09.2021 zu sehen sein. Für die gute Zusammenarbeit möchten wir uns bei der Direktorin Christine Litz und der Kuratorin Isabel Herda herzlich bedanken. Danken möchten wir auch den Kurator*innen der Ausstellung Dr. Michaela Stoffels und Maxim Weirich, ebenso der Grafikerin Eva-Maria Offermann, die zusammen mit Maxim Weirich die Ausstellunggestaltung entwickelt hat. Ein großer Dank gilt auch der Ernst-von-Siemens-Kunststiftung und dem Landschaftsverband Rheinland, ohne deren großzügige Förderung der Katalog nicht hätte realisiert werden können sowie dem Museumsverein Düren für die Unterstützung der Ausstellung.
Gestalter*innen und Künstler*innen:
Otl Aicher, Moritz Appich / Jonas Grünwald / Bruno Jacoby, Gerd Arntz, Johannes Bergerhausen / Ilka Helmig, Karsten de Riese, Antje Ehmann / Harun Farocki, Juli Gudehus, Pati Hill, Heinrich Hoerle, Timothée Ingen-Housz, Shigetaka Kurita, Warja Lavater, Marie Neurath, Otto Neurath, Yukio Ota, Wolfgang Schmidt, Franz Wilhelm Seiwert, Lilian Stolk, Augustin Tschinkel, Edgar Walthert
Kurator*innen der Ausstellung:
Dr. Michaela Stoffels
Maxim Weirich
Anja Dorn
*Wichtiger Hinweis zur Eröffnung
Bitte melden Sie sich zur Teilnahme an der Eröffnung vorab telefonisch während der Öffnungszeiten der Museen unter 02421 252561 an. Unter Einhaltung der aktuellen Sicherheitsmaßnahmen können bis zu 40 Personen den Eröffnungsreden im Peill-Forum um 19 Uhr beiwohnen.
Die Plätze werden in der Reihenfolge der eingehenden Anrufe vergeben. Weitere 90 Personen können
sich darüber hinaus gleichzeitig im Museum aufhalten. Beim Eintreten werden die Kontaktdaten erfasst.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König.
Öffentliche Führungen
An jedem ersten Sonntag im Monat, 15 Uhr
Öffentliche Kurator*innenführung durch die Ausstellung
So.: 15.11.2020, 11 Uhr
Mit Dr. Michaela Stoffels und Maxim Weirich zum Wochenende der Graphik
Museumsdialog
Do.: 21.01.2021, 19 Uhr
Dr. Michalea Stoffels, Maxim Weirich und der Medienwissenschaftler, Japanologe und Comicforscher Dr. Lukas R.A. Wilde sprechen über Piktogramme und Emojis. Moderiert von Anja Dorn.
Film im Museum
Sonderreihe #BlackLivesMatter zum Thema Rassismus und universelle Menschenrechte
Do.: 01.10.2020, 19 Uhr
„Nächster Halt: Fruitvale Station“, R.: Ryan Coogler, USA 2013, 85 Min.
Do.: 05.11.2020, 19 Uhr
„BlacKkKlansman“, R.: Spike Lee, USA 2018, 136 Min.
Do.: 03.12.2020, 19 Uhr
„Green Book – Eine besondere Freundschaft“, R.: Peter Farrelly, USA 2018, 131 Min.
Do.: 07.01.2021, 19 Uhr
„Just Mercy”, R.: Destin D. Cretton, USA 2019, 137 Min.
Do.: 04.02.2021, 19 Uhr
„If Beale Street could talk”, R.: Barry Jenkins, USA 2018, 117 Min.
Wenn Papier leuchtet…
Mi.: 14.10.2020, 14 – 17 Uhr, Workshop für Kinder, Papiermuseum Düren
Im Rahmen der Entdecker-Woche der VHS Rur-Eifel und des Schulpsychologischen Dienstes Düren bietet das Papiermuseum Düren einen Workshop für Kinder von 6 – 12 Jahren an.
Teilnahme kostenfrei, Anmeldung unter: j.bruno@dueren.de oder 02421 252594
Lange Nacht der Museen
Sa.: 07.11.2020, 18 – 24 Uhr
Zur 11. Langen Nacht der Museen bieten das Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren ein viel-seitiges Programm. Gleichzeitig eröffnet die neue Ausstellung „Strange Papers – Die seltensten handge-schöpften Papiere der Welt“.
Wochenende der Graphik
So.: 15.11.2020, 12 – 17 Uhr
12 Uhr Kuratorenführung „Strange Papers“ mit Jutta Reich
13:30 Uhr Kuratorenführung „Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis“ mit Dr. Michaela Stoffels und Maxim Weirich
15 Uhr Führung durch das Grafikdepot mit Dr. Tina Roßbroich, nur mit Voranmeldung unter: b.wolters@dueren.de oder 02421 252515
14 – 17 Uhr Druck-Workshop in der Papierwerkstatt
Pressekontakt
Stadt Düren ǀ Der Bürgermeister
Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren ǀ Hoeschplatz 1 ǀ 52349 Düren
Helen Wobbe ǀ Tel +49 (0)2421 25-2593 ǀ h.wobbe@dueren.de