3. – 25. August 2024
Künstlerforum Bonn


Mit über 30 Positionen aus den Grenzbereichen des Grafikdesigns sucht die KlasseKlasse aus Offenbach unvorhergesehene Dialoge. Dabei entsteht ein ‘Überraschungsbonbon’ mit aktuellen Arbeiten: mal salzig, mal süß – gemischte Tüte eben.

Stellvertretend für die bunte Vielfalt der KlasseKlasse sind die Arbeiten von Ye Ji Jeong. Sie findet: „Das Leben ist schmerzhaft, aber Menschen lachen trotzdem.“ Ye Ji Jeong schafft ein „Universum“, in der das Offensichtliche nicht offensichtlich ist. In der gleichnamigen Serie wirft die Künstlerin mit ihrer intuitiven Sammlung an Arbeiten in unterschiedlichen Medien (Zeichnung auf Stoff und Papier oder mittels Keramik und 3D-Druck) eher Fragen auf, als Antworten zu geben. Ye Ji Jeong ist dankbar, ihre persönlichen Kämpfe mit anderen auf diese Art zu teilen.

Auch bei Lara Finkenstädt versammeln sich verschiedene Eindrücke an der Wand. In „Mangeln, Doilies und Battenberg cake“ setzt sich die Künstlerin mit dem Reisen und Zuhausesein zwischen Flandern und Hessen auseinander. Ihre tagebuchartige Arrangements kombinieren visuelles Material im Kontext der Autobiografie. Inspiriert von Chantal Akermans Filmen imaginiert Finkenstädt eine Reise in das Dorf ihrer Großmutter. Symbole wie Kopfsteinpflaster, Waschsalons und Uhren durchziehen das sehnsuchtsvolle Moodboard als visuelle Marker des Stadtrhythmus. Orts- und Familiengeschichte verschwimmen in ihrer multimedialen Collage.

Das, was sich hier in stiller Wehmut abspielt, steht im Kontrast zur Wucht der Nostalgie von Annie Devlin und Vincent Brod. Die beiden verbindet insbesondere die Faszination für Popkultur und Reality-TV. In ihrer Arbeit „Exodia on the beach“ kombinieren sie nicht nur im Titel das Vokabular von Dating-Shows, Yu-Gi-Oh-Spielkarten und dem Sehnsuchtsort romantischen 2000er-Kinos, sondern auch die Formsprache wird zur Collage. Devlins Radierung auf Zinkplatten trifft auf Brods bunte Pixelgrafik.
Die Gemeinschaftsarbeit ist Teil der umfangreichen Auseinandersetzung von Brod mit dem komplexen Einfluss des Reality-Fernsehens auf gesellschaftliche Werte, vor allem in den Bereichen Liebe, Geschlechterdynamik und Schönheitsstandards. Oft halten die Shows an traditionellen, konservativen Werten fest, die in ihrer Wechselwirkung mit unserem kulturellen Gefüge untersucht werden.

Ludwig Pfeiffer bedient sich ebenso an vertrauter Ästhetik, um diese dann mit subtilen Eingriffen in Frage zu stellen. Bunte Verkehrsteppiche finden sich in vielen Kinderzimmern wieder. Doch das verbrennungsbasierte Kleinstadt-Idyll ist eine Matchbox-Fantasie. In Pfeiffers „Highway to dwell“-Version der Teppiche wird ein endloser Kreisverkehr ohne Anschluss oder mehrspurigen Autobahnknoten gezeigt. Die nüchterne Rationalität der Verkehrsnetze wird durch die einfache kindliche Formsprache verstärkt; aus der Vogelperspektive offenbart die symmetrische Anordnung bisweilen sogar eine gewisse Ästhetik, die sich in minimalistischen Katalog-Kinderzimmern („dwell“ statt „hell“) wiederfinden könnte. Gleichzeitig hinterlassen die Spielteppiche die Betrachtenden ratlos angesichts der Sinnlosigkeit reiner Zweckfunktionalität. So bilden sie ein lebensnahes Gegengewicht zum häufig romantisierten Bild des Autofahrens.

Das Auto spielt auch in der Werkserie „Emma“ von Jeongkyoung Woo eine zentrale Rolle. Anhand der gleichnamigen Symbolfigur Emma (phonetisch ähnlich zu 엄마 „Eom-ma“ koreanisch für Mama) nähert sich Woo ihren Ängsten und der Schwere von (Mutter)Liebe. Sie erzählt von Emma, die zu nervös für den eigenen Führerschein ewig abhängig von anderen auf dem Beifahrersitz durchs Leben fährt. Das Auto fungiert in Woos Arbeiten als Symbol der Angst. In zarten Risographien dekliniert sie es in allen Perspektiven durch ein Künstlerbuch, das aus 105 täglichen Zeichnungen besteht. In ihren räumlichen Textilreliefserien und Skulpturen sind Material und Prozess Teil der Auseinandersetzung. Die Schwere der Liebe (Fullness) und die Leichtigkeit der Auflösung (Null/Emptiness) spiegeln sich in den Kontrasten von leichtem Textil, Leder, Gips und Metall wider.

Diese und mehr als 30 weitere junge künstlerische Positionen zeigt die KlasseKlasse der HfG Offenbach bei Tatjana Stürmer und Prof. Eike König:

Aaron Auel, Jasper Bamberger, Laila Böcker, Vincent Brod, Jessica Broton, Melisa Chee, Isabelle Chevalier, Annie Devlin, Theresa Ernst, Lara Finkenstädt, Moritz Fischer, Klara Gauerke, Denise Go Siong, Joshua Hahnelt, Luis Hirschberg, Helena Hoffmann, Ye Ji Jeong, Camie Klein, Nicolas Marino, Jan Merkel, Luisa Mielke, Deborah Moldawski, Julia Müller, Paul K. Müller, Hanseo Oh, oleif, Ella Pechechian, Ludwig Pfeiffer, Claudius S. Philipps, Sarah Satiane, Ronja Schindler, Tatiana T., Leonie Waidelich, Jule Wertheimer, Jeongkyoung Woo, Jackie Youn, Linnea Zimmermann

Vernissage: 02. August 2024, ab 18:00
Finissage: 25. August 2024, ab 15:00

Bildnachweis: Vincent Brod, Leonie Waidelich


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