2. Juli – 10. November 2024
Leopold-Hoesch-Museum und Papiermuseum Düren


Mit plastischen Collagen, Prägedrucken und Papierreliefs aus den Sammlungsbeständen des Leopold-Hoesch-Museums und des Papiermuseums Düren von Horst Antes, Puck Bramlage, Werner Buser, Enrico Castellani, Leo Erb, Marcel Floris, Jorge Luis Giacosa, Jiří Kolář, Hermann Künert, Harry van Kuyk, Jaume Rocamora, Fred Siegenthaler, Günther Uecker, Ulrich Wagner und Andreas von Weizsäcker.

Für die Ausstellung „Just Paper – Papierkunst aus der Sammlung“ wurden 25 Papierarbeiten aus insgesamt rund 300 Werken der Papierkunst aus der Sammlung des Leopold-Hoesch-Museums und des Papiermuseums Düren zu den Themen Prägung und Relief ausgewählt. Dieser große Bestand an Papierkunst in den Dürener Museen ist nicht nur den „Internationalen Biennalen der Papierkunst“ zu verdanken, die zwischen 1986 und 2005, initiiert durch die ehemalige Museumsdirektorin Dr. Dorothea Eimert, im Leopold-Hoesch-Museum stattfanden, weltweit für Aufsehen sorgten und wieder zu einer regen Ankaufstätigkeit führten. Schon in den 1960er und 1970er Jahren wurden Werke von Günther Uecker, Horst Antes, Enrico Castellani und Jiří Kolář durch den Museumsverein erworben, die den Grundstock der heutigen Papierkunstsammlung bilden.

Titelgeber der Ausstellung ist ein farbiges Papierguss-Relief des im vergangenen Jahr verstorbenen Papierkünstlers Fred Siegenthaler. Dieser gilt als Pionier der europäischen Papierkunst und war bereits 1986 Teilnehmer der „I. Internationalen Biennale der Papierkunst“ und seither freundschaftlich mit den Dürener Museen verbunden. Das großformatige Bild „Just Paper“ vermachte Fred Siegenthaler dem Papiermuseum Düren kurz vor seinem Tod. Die Arbeit kam im Frühling 2024 nach Düren und steht nicht nur stellvertretend für die Vielzahl der künstlerischen Möglichkeiten, Papier zu be- und verarbeiten, sondern verweist zugleich auf den Schwerpunkt der dies-jährigen Papierkunst-Ausstellung aus bildartigen Werken in Form von plastischen Collagen, Prägedrucken und Papierreliefs.

Prägedrucke und Papierreliefs sind dreidimensionale Papierarbeiten, die durch plastische Verformung des Werkstoffes entstehen. Die daraus resultierende Wirkung von Licht und Schatten macht einen besonderen Reiz aus. In der Kunst der Moderne kommen diese Techniken besonders dort zum Einsatz, wo sich Konzepte Konkreter Kunst in den Vordergrund schieben und die Materialität zum unverzichtbaren Inhaltsträger wird. Die Techniken zur Herstellung von Prägedrucken und die Transformation eines zweidimensionalen Bogen Papiers in die dritte Dimension sind so unterschiedlich wie die Prägungen, die in dieser Ausstellung zu besichtigen sind.

Der wohl bekannteste Künstler für Prägungen ist der deutsche Maler und Objektkünstler Günther Uecker. Sein Markenzeichen ist der Nagel. Dieser dient ihm gleichermaßen als Objekt und Werkstoff. Die Prägegrafiken – faszinierende, weiße Reliefs, die durch die Ausrichtung der abgebildeten Nägel und die Wechselwirkung von Licht und Schatten ihre Dynamik erhalten – stellen seit Anfang der 1960er Jahre die druckgrafische Weiterführung seiner bildhauerischen Kunst dar. Diese sogenannten Nagelreliefs dienen als Vorlage für den Druckstock, der auf dickes Papier aus Baumwollfasern durch Druck übertragen wird, um ein Vervielfältigen der Nagelbilder zu ermöglichen.

Die Papierreliefs des Papierkünstlers Ulrich Wagner entstehen direkt auf dem Schöpfsieb. Motive, Formen oder Strukturen werden auf ein Schöpfsieb gelegt, das mit Papierpulp gefüllt wird. Ein Vakuumtisch entwässert mit Unterdruck den nassen Papierstoff und komprimiert ihn so, dass er die Formen umschließt. Licht und Schatten, Raum und Struktur werden nicht beim Betrachter durch Täuschung seiner Wahrnehmung hervorgerufen, sondern sind im Bild selbst enthalten.
Die Bearbeitung des Papiers erfolgt bei Enrico Castellani mit Hilfe einer Nagelmaschine, die der Oberfläche eine reliefartige Struktur verleiht. Durch die daraus entstehenden Einbuchtungen und Ausstülpungen werden Licht- und Schattenwirkungen hervorgerufen, die eine spannungsreiche Dynamik evozieren.

Viele der sogenannten „Linienbilder“ sind bei Leo Erb zugleich flächig und räumlich zu lesen. Es handelt sich um linear strukturierte Zeichnungen, deren Linien mithilfe zylindrischer Holzstäbe in Papier geprägt werden. Erbs Arbeiten basieren auf dem Wechsel von kurzen und langen Segmenten, die dem übergeordneten horizontalen Verlauf einen rhythmischen Impuls verleihen.

Der tschechische Dichter und bildende Künstler Jiří Kolář ist Meister der Collage. Er entwickelte neue plastische Collagetechniken und verband Poesie mit Collagen und Assemblagen. Hierfür zerlegte er üblicherweise Texte, Wörter und Bilder, kopierte und reproduzierte diese aber auch und setzte sie wieder neu zusammen. All seine Objekte sind Anspielungen auf die Kunst- und Literaturgeschichte.
Ein neues, eigenes Verfahren für seinen künstlerischen Ausdruck entwickelte auch Harry van Kuyk Ende der 1960er. Dieses ermöglichte ihm, einen extrem erhabenen, bis zu 2 cm dicken Reliefdruck zu produzieren. Hierbei werden dicke feuchte Hadernpapiere, also Papiere auf textiler Basis, unter hohem Druck und hoher Temperatur zwischen speziellen Positiv- und Negativdruckformen gepresst. Der ausgestellte Reliefdruck ist das Ergebnis eines empfindlichen Gleichgewichtes zwischen Form, Papier, Druck, Temperatur und Zeit.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen arbeitete der Bildhauer Andreas von Weizsäcker in seiner künstlerischen Praxis stets mit der Technik der Abformung. Bei diesem Pappmaché-Verfahren werden feuchte handgeschöpfte Papierbögen um ein Objekt gelegt und mit der Hand angedrückt. Die in Form gebrachten Papierbögen und -stücke werden nach dem Trocknen zusammengefügt. Mit Schwere und Massivität verbundene Gegenstände erfahren auf diese Weise eine unerwartete Leichtigkeit und Fragilität.

In zwei hinterleuchteten Vitrinen präsentiert die Ausstellung erstmals ein Sammlungskonvolut kleinformatiger Papyrografien des Grafikers Hermann Künert in Düren. Die filigranen Papierobjekte lassen die Betrachtenden über kulissenartige Miniaturszenen aus Schichtungen gerissenen Papiers in andere Welten eintauchen. Die Papyrografien kamen auf besondere Weise in die Sammlung des Papiermuseums: Im Rahmen eines sogenannten Mail Art-Projektes schickte der Künstler dem Papiermuseum Düren die postkartengroßen Kunstwerke, versehen mit Briefmarke und Adressfeld, seit 2011 einzeln mit der Post.
Die „Postkarten“ lassen die Betrachtenden in ganz verschiedene Miniaturwelten eintauchen z.B. nehmen sie uns mit auf spannende Forschungsreisen von Alexander von Humboldt, Mary Kingsley oder Edwin Church. Sie zeigen Buchhelden wie Mogli und Käptain Nemo oder sie informieren über aktuelles Zeitgeschehen wie den katastrophalen Brand der Kathedrale von Notre-Dame in Paris. Dabei funktionieren sie ähnlich wie frühe Guckkastenbilder, die nur einen imaginären tiefenräumlichen Eindruck vermitteln.

Außerdem im Papiermuseum Düren ab dem 2. Juli 2024:

„Zu Gast“-Objekt in der Papierwerkstatt: Aquarami

In der Papierwerkstatt im Obergeschoss des Papiermuseums Düren ist bis zum 24. November 2024 eine kleine Unterwasserwelt aus Papier zu sehen. Das „Aquarami“ genannte Objekt war der diesjährige Beitrag der Dürener Origami-Gruppe beim 34. Internationalen Origamitreffen 2024 in Bonn, veranstaltet von Origami Deutschland, dem Verein zur Förderung des Papierfaltens. Aus-gehend vom diesjährigen Motto „Am Meer, im Meer und mehr“ hat sich die Dürener Origami-Gruppe zu einem Unterwasser-Schaukasten mit gefalteten Meeresbewohnern, wie verschiedenen Fischen, einem Weißen Hai, Krabben und Seesternen sowie Pflanzen und Felsen inspirieren lassen. Mit ihrem Faltkunstwerk belegte die Dürener Gruppe, bestehend aus Ursula Degen, Uta Jansen, Lucia Blender, Dr. Hajime Matsubayashi, Johannes Jammers und Ralf Altmeyer, den zweiten Platz im Wettbewerb „und falten, falten, falten“.

Papiermacherei-Präsentation im Schaudepot

Im Schaudepot präsentiert das Papiermuseum Düren aktuell einen Auszug aus der „Encyc-lopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers“ (Enzyklopädie oder ein durchdachtes Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Handwerke), herausgegeben von Denis Diderot und Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, von 1779. Dabei handelt es sich um den Artikel „Papeterie“, also über die Erläuterung der Papiermacherei.

Die „Enzyklopädie oder ein durchdachtes Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Hand-werke“ von Denis Diderot und Jean-Baptiste le Rond d’Alembert gilt als eines der wichtigsten Werke der Aufklärung. Mit dem umfangreichen Wörterbuch wollten der Schriftsteller und Philo-soph Denis Diderot (1713-1784) und der Mathematiker und Physiker Jean-Baptiste le Rond d’Alembert (1717-1783) das Wissen der Zeit sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Der erste Band erschien 1751 und auch alle darauffolgenden stießen bei der intellektuellen Bevölkerung Europas auf immenses Interesse, denn mit diesem Lexikon bekam die Aufklärung eine gemeinsame Wissensbasis. 1780 erschien der letzte Band Nr. 35.
Die Enzyklopädie veränderte das Verständnis unserer Welt, das bis dahin auf Hörensagen, mündlicher Überlieferung, einzelnen aufklärerischen Schriften und kleinen Lexikon-Editionen beruhte. Das Werk stellte Vernunft und Wissenschaft über das christliche Weltbild und das Primat der Kirche. 142 Enzyklopädisten, unter anderem Jean-Jacques Rousseau, Montesquieu, Turgot und Voltaire arbeiteten 20 Jahre an dem Werk. Auch Handwerker lud Diderot ein, sich zu beteiligen und ihre Gewerke zu beschreiben.

Der präsentierte faksimilierte Druck von 1986 zeigt 14 Darstellungen aus dem Bereich der „Papiermacherei“. Die Kupferstiche von Robert Benard (1734-1777) stellen das Handwerk, das für das Erstellen eine Enzyklopädie grundlegend ist, am Beispiel der Papiermühle Léorier Delisle in Montargis/Frankreich dar. Dieser Auflagendruck hat die Nr. 198/200 und wurde für die SANDOZ AG als Kundenpräsent produziert. Diese Ausgabe stammt aus dem Nachlass von Ernst Steffens, ehemals Werksleiter der heutigen Papierfabrik Reflex GmbH & Co. KG, Düren.

„EinBlick in die Sammlung“: Das Papiermacherhandwerk

Eine Vitrine innerhalb der Dauerausstellung des Papiermuseums Düren gibt mit wechselnden Objekten „EinBlicke“ in die Sammlung. Ab dem 2. Juli zeigt das Museum hierin ein Gipsrelief von 1950, das das Papiermacherhandwerk darstellt. Das Objekt stammt aus der Sammlung Peter Viehöver, die das Museum seit 2004 in seinem Besitz hat.

Als Papiermacher in einer Dürener Papierfabrik und Gewerkschafter der ehemaligen IG Papier, Chemie, Keramik war Peter Viehöver während seines Berufslebens dem Thema Papier eng verbunden. Sein Privatleben nutze er als leidenschaftlicher Sammler von Objekten, die etwas mit der Geschichte und der Produktion von Papier zu tun haben. Seine Sammlung von Wasserzeichen, Fachliteratur, Papiermustern und grafischen aber auch plastischen Darstellungen des Papiermacherhandwerks trug er über mehrere Jahrzehnte zusammen. Nach seinem Tod 2004 wurde die Sammlung dem Papiermuseum Düren als Schenkung überlassen und dient seither als reichhaltiger Fundus für die Ausstellungstätigkeit.

Das gezeigte Gipsrelief ist die Darstellung der Arbeitssituation in einer alten, handwerklichen Papiermühle Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie zeigt den Papiermacher schöpfend an der Bütte. Sein Gehilfe, der Leger, bringt den gepressten Stapel nassen Papiers zur Weiterverarbeitung auf den Trockenboden. Die im Hintergrund dargestellte Werkstattkulisse zeigt die notwendigen Arbeitsgeräte, die zur Fertigung von Papier benötigt wurden: Die Presse zum Entwässern und Komprimieren des Papierbogens, das Stampfwerk für die Aufbereitung der Hadern (Lumpen) und die Wasserräder zur Energielieferung. Arbeiten wie ein solches Gipsrelief wurden gerne als Geschenke für Jubilare der Papierindustrie überreicht und rückseitig meist mit einer Widmung versehen. Da diese bei unserem Relief fehlt, ist es als Zierrat einzuordnen.

VERANSTALTUNGEN

16.10. und 17.10.2024, jeweils 11 – 15 Uhr
Entdecker-Woche: „Nur Papier? Nein, Kunst! Mach dein eigenes Kunstwerk!“
Inspiriert durch die aktuelle Ausstellung „Just Paper“ gestalten die Teilnehmenden eigene Objekte aus selbstgeschöpftem Papier.

Zwei unabhängige Workshop-Tage, je einzeln buchbar.
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Altersgruppe: 8-12 Jahre
Workshop-Leitung: Regina Herdt
in der Papierwerkstatt
Anmeldungen an Jeannine Bruno unter j.bruno@dueren.de

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Entdeckerwoche 2024 der VHS Rur-Eifel statt mit freundlicher Unterstützung des Fördervereins VHS Rur-Eifel e.V. und der Sparkasse Düren.

Samstag, 2.11.2024, 18-24 Uhr
Lange Nacht der Museen
Jetzt vormerken: Das Leopold-Hoesch-Museum und das Papiermuseum Düren bieten ein vielseitiges Programm für Jung und Alt bei freiem Eintritt.

Donnerstag, 14.11.2024, 19 Uhr
Museumsdialog zur Modellfabrik Papier: Von der Faser zum Papier
Mit der „Modellfabrik Papier“ wird in Düren ein regional vernetztes Reallabor für die Papierindustrie errichtet, das zur Entwicklung einer industriellen Wertschöpfungskette der nachhaltigen Papierproduktion beitragen soll. Die industrielle Papierherstellung braucht neben Wasser und Energie vor allem eines: Fasern. Obgleich 80 % der Faserrohstoffe in Deutschland aus Altpapier stammen, werden nach wie vor auch Frischfasern gebraucht, um den Kreislauf aufrecht zu erhalten. Die Eigenschaften der eingesetzten Faserstoffe beeinflussen, wieviel Wasser und Energie die Papiererzeugung braucht. Wie können Zellstoff aus Holz und andere Fasern so modifiziert werden, dass der Herstellungsprozess weniger Ressourcen verbraucht?
Darüber sprechen Expert*innen beim achten Museumsdialog zur Modellfabrik Papier im Papiermuseum Düren.

3 Euro, Mitglieder Museumsverein Düren frei

Mehr Informationen unter modellfabrikpapier.de
Weitere Angebote finden Sie auf unserer Website www.papiermuseum-dueren.de.

Jeden Sonntag, 13-16 Uhr
Papierschöpfen
Tipp: Auch individuell buchbar!

Jeden 1. Sonntag im Monat, 14-15 Uhr
Öffentliche Führung

Jeden 3. Sonntag im Monat, 11:30-13 Uhr
Familienführung

Bildnachweis: Aquarami Zu Gast 2024, Foto: Papiermuseum Düren


Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren
Hoeschplatz 1
52349 Düren

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