29. Januar – 23. April 2023
Leopold-Hoesch-Museum


Pressevorbesichtigung: Donnerstag, 26. Januar 2023, 11 Uhr
Eröffnung: Sonntag, 29. Januar 2023, 12 Uhr
Die Künstlerin ist anwesend.

Zur Eröffnung sprechen:
Verena Schloemer, Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadt Düren Dr. Jochen Link, Leiter Referat Visuelle Künste, Provenienz am Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Anja Dorn, Direktorin Leopold-Hoesch-Museum, Düren Markus Mascher, Kurator Leopold-Hoesch-Museum, Düren

Art & Drinks: Donnerstag, 2. Februar 2023, 17 Uhr
mit Markus Mascher, Kurator Leopold-Hoesch-Museum, Düren

Museumsdialoge:
Donnerstag, 9. Februar 2023, 19 Uhr
Ausstellungsrundgang mit Irmel Kamp, Barbara Hofmann-Johnson, Leiterin Museum für Photographie Braunschweig und Markus Mascher, Kurator Leopold-Hoesch-Museum, Düren

Donnerstag, 16. März 2023, 19 Uhr
Dr. Alexandra Klei, Architekturtheoretikerin am Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg, spricht zur Geschichte und Nachgeschichte des Neuen Bauens in Tel Aviv. Der Vortrag wird live aus Tel Aviv ins Leopold-Hoesch-Museum übertragen. Im Anschluss besteht für das Publikum die Möglichkeit zum Rundgang durch die Ausstellung.



Mit „Irmel Kamp. Architekturbilder“ zeigt das Leopold-Hoesch-Museum eine groß angelegte Werkschau der Fotografin Irmel Kamp, die deren künstlerisches Schaffen erstmals umfassend würdigt. Zu sehen ist eine Auswahl an Arbeiten aus den vier großen Werkgruppen „Zink“ (1978-82), „Tel Aviv“ (1987-92), „Bruxelles – Brussel“ (1996/97) und „Moderne in Europa“ (1998-2006). Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Museum für Photographie Braunschweig und wird begleitet von einem Katalog (dt./engl.), erschienen im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König.

Irmel Kamp [*1937 in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Aachen und Stäfa (CH)] widmet sich in ihrem künstlerischen Werk Phänomenen regionaler Architekturen. Ausgehend von Begegnungen mit spezifischen Erscheinungsformen insbesondere der europäischen Architekturmoderne schafft sie charakteristische Werkgruppen. Dabei geht sie grundsätzlich seriell vor, verwendet ausschließlich Schwarzweißfotografie und wählt stets eine Position, die als öffentlicher Standort den Umraum miteinbezieht, zugleich aber die Prägnanz der architektonischen Form markant zum Ausdruck bringt.
Nach einer Ausbildung zur Metallografin, die ihr unter anderem genaue Kenntnisse fotografischer
Techniken vermittelte, entschloss sich Irmel Kamp in den 1970er Jahren dazu, als freie künstlerische
Fotografin zu arbeiten. Irmel Kamps Interesse an Architektur, architektonischen Strukturen und deren
Bedeutung für die Prägung kultureller Landschaften war dabei von Beginn an ihr künstlerischer Impuls.

Seit ihrer Jugend vertraut mit der Region Ostbelgiens erkundete sie später auf zahlreichen Exkursionen die Gegend zwischen Aachen und Lüttich. So entstand die erste Werkgruppe „Zink“ , die mit Platten aus Zinkblech verkleidete Fassaden ländlicher Architektur zeigt. Lange Zeit unter dem Namen Neutral-Moresnet beziehungsweise Altenberg bekannt, wurde hier während des 19. Jahrhunderts in großem Umfang Zink abgebaut, das vor allem als einheitliche Bedachung bei den städtebaulichen Maßnahmen Baron Haussmanns in Paris sowie als Werkstoff für zahlreiche Alltagsgegenstände zum Einsatz kam. Und so wurden Zinkbleche auch in unterschiedlichen schindelförmigen Anordnungen zum Schutz der Wetterseiten von bestehenden Wohn- und Nutzbauten im ländlichen Raum Ostbelgiens verwendet und zwar als seinerzeit modernes Bauelement, das die lokale Architektur formal stark prägte. Durch ihre Aufnahmen von Fassaden und Gebäudeensembles, die zugleich die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen und mit ihnen arbeiten, hat Irmel Kamp ein künstlerisches Dokument einer sich aus den Bedingungen des Standorts ergebenden und zugleich einem Gestaltungswillen folgenden Formfindung geschaffen.

Ein Aufenthalt in Tel Aviv Anfang der 1980er Jahre weckte Irmel Kamps Interesse für die beeindruckenden Beispiele des Neuen Bauens, die es dort zu entdecken und anzuerkennen gab. Umfassend angelegt und die wissenschaftlich basiert erfolgte daraufhin Irmel Kamps Recherche des Neuen Bauens in Tel Aviv, die sie 1987 begann, von 1990 bis 1992 als Forschungsprojekt der DFG durchführte und die in der großen Werkgruppe „Tel Aviv“ mündete. Erstmals dokumentierte sie dabei maßgebliche Teile des baulichen Bestands, der mit dem Ausbau der zionistischen Stadtgründung in den 1930er Jahren errichtet worden war. Sie recherchierte im Austausch mit Personen vor Ort Baugeschichte, Bauherrinnen und Architektinnen und trug so wesentlich bei zum heutigen Bewusstsein über die Architektur des Neuen Bauens in Tel Aviv und ihrer Bedeutung für die Konstitution eines jüdischen Siedlungsraums. Hieraus resultierten nicht zuletzt die Entstehung des Denkmalschutzgedankens in Tel Aviv, die Gründung einer entsprechenden Behörde und Maßnahmen zur Bewahrung dieses kulturhistorischen Erbes.

Weitere zentrale Werkgruppen im Schaffen von Irmel Kamp sind schließlich Aufnahmen von Wohn-,
Büro- und Gewerbebauten der 1930er Jahre in Brüssel, die eine dort typische, sehr spezielle Kombination gestalterischer Prinzipien und formaler Elemente des Neuen Bauens mit denen des Art Deco zeigen, sowie von exemplarischen Bauten der Moderne in Europa. Beide Gruppen hat Irmel Kamp auf kursorischen Streifzügen durch die belgische Hauptstadt entwickelt beziehungsweise auf Reisen durch Belgien, die Niederlande, Deutschland, Polen, Tschechien und Italien. Bei sämtlichen ihrer Projekte verfolgt die Künstlerin weniger einen typologischen Ansatz, sondern konzentriert sich vielmehr auf die Wahrnehmung der spezifischen architektonischen Gestalt, wie sie in der von den Bedingungen ihrer Nutzung geprägten Umgebung besteht und zugleich einem deutlichen Formwillen folgt. Sie erkennt diese Qualitäten durch genaue Betrachtung, erfasst sie in präzise ausgewählten Ansichten und weist Architektur so als wichtigen Faktor gesellschaftlicher Wirklichkeit aus.

Darüber hinaus sind vor allem die Werkgruppen „Zink“ und „Tel Aviv“ wichtige Zeugnisse historischer Zustände, die heute zum Teil so nicht mehr bestehen beziehungsweise nur noch in Fragmenten aufzufinden sind. So wurden die Verkleidungen aus Zinkblechen in Ostbelgien im Laufe der Zeit von neueren Materialien verdrängt, während sich die Architektur des Neuen Bauens in Tel Aviv durch die massive städtebauliche Entwicklung sowie durch Initiativen, die eigentlich dem Erhalt der Gebäude dienen sollen, mehr oder weniger stark verändert.

Bildnachweis: Irmel Kamp, Tel Aviv / House Shulman (Beni-Ami Shulman, 1941) Sheffer Street, Gelatinesilber-Abzug auf Baryt-Papier, 60 x 50 cm, 1989 © Irmel Kamp 2023. Courtesy die Künstlerin und Galerie Thomas Fischer, Berlin


Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren
Helen Wobbe M.A.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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