29. September 2023 bis 28. Januar 2024
MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst


Pressegespräch: Donnerstag, 28. September 2023 | 11 Uhr
mit Walter Smerling, Direktor MKM & Katharina Zimmermann, Kuratorin

Der Maler Heinz Kreutz (1923–2016) ist vor allem für seine neoexpressionistischen und informellen Gemälde bekannt. Er gehörte mit K.O. Götz, Otto Greis und Bernard Schultze zum Kreis jener Künstler, die mit ihren ungegenständlichen Arbeiten neue Akzente in der deutschen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg setzten. In der als Künstlergruppe wahrgenommenen „Quadriga“ stellte Kreutz 1952 erste Arbeiten aus und legte somit einen Grundstein für die Entwicklung der informellen Malerei in der jungen Bundesrepublik.

Zeit seines Lebens veränderte Kreutz immer wieder die eigene Technik und Ausdrucksform. So entwickelte er ein facettenreiches Werk, das um die Ergründung der Eigenschaften von Farben kreist und das scheinbar grundverschiedene geistige und ästhetische Vorbilder, von Rubens über Goethe bis hin zu Schopenhauer, durch Bezugnahmen würdigt. Seine vielen Reminiszenzen haben auch eine biografische Bewandtnis: Als junger Mann verbrachte Heinz Kreutz nach kurzem Kriegsdienst in Stalingrad zwei Jahre verwundet im Lazarett. Durch kleine Zigarettenbildchen lernte er die von den Nazis verfemte Kunst der Moderne kennen. In den Grauen des Krieges waren ihm die Bilder von Monet, Kandinsky oder Cézanne offenbar ein heilender Trost. Kreutz begann zu zeichnen und widmete sich ab Ende des Krieges der eigenen Malerei. Nach seiner vom Schrecken geprägten Jugend gelang es ihm, mit seinen farbenfrohen Werken und durch seine ungebrochene Motivation und Experimentierfreudigkeit Deutschlands kulturellen Neuanfang mitzugestalten.

Die Retrospektive „Heinz Kreutz – Schwarz-Weiß und in Farbe. Zum 100. Geburtstag“ im 3. Obergeschoss des MKM Museum Küppersmühle stellt die wesentlichen Phasen seines Schaffens vor. Neben Gemälden aus dem Früh- und Spätwerk liegt ein Schwerpunkt auf dem grafischen OEuvre. Die vielseitige Arbeitsweise des Künstlers entlang seiner Farbstudien und seiner Suche nach neuen gestalterischen Möglichkeiten von Flächen, Formen und Kontrasten wird in der Ausstellung erfahrbar.

Kreutz‘ frühe Ölgemälde aus den 1940er und 1950er Jahren, zum Teil noch auf Holz gemalt, sind von einem abstrahierenden, expressionistischen Repertoire bestimmt. In dieser Zeit der Neuorientierung nach der faschistischen Kulturpolitik fand die bereits genannte Quadriga-Schau in Frankfurt statt. Ab Mitte der 1950er Jahre änderte der Künstler erstmals seine Gestaltungsweise und es entstanden Gemälde und Aquarelle mit gestischer und offener Malweise, die Kreutz‘ zentrale informelle Phase bildeten. Im darauffolgenden Jahrzehnt wandeln sich seine Formensprache und seine Methoden; er widmete sich dem Holzschnitt mit seinen harten, klaren Konturen und schuf Bilder in Acryl, die mit geometrischen Formen experimentierten und in architektonisch anmutende Streifen- und Arkadenbilder übergingen. Zunehmend ungegenständlicher, arbeitete Heinz Kreutz in den 1970er Jahren an Siebdrucken und quadratischen Bildobjekten als gerasterte Farbfeldstudien. Zu diesem Zeitpunkt schien sich die Gestaltungsweise des Künstlers aufs Äußerste von seinem Ausgangspunkt entfernt zu haben. Doch auch Kreutz‘ minimalistische Collagen dienten seiner stetigen und konsequenten Untersuchung der Charakteristika und der gegenseitigen Abhängigkeiten von Farben und Lichtwirkung. Gleichzeitig lotete er mit zahlreichen schwarz-weißen Radierungen und Zeichnungen die Wirkung von Rhythmik, Kontrastsetzung und Raumillusion aus.

Erst in den 1980er Jahren kehrte Kreutz zur eher informellen Ölmalerei zurück. Die ungegenständlichen Farbkörper und -räume erinnern an impressionistische und pointilistische Vorbilder. Auch sie entwickelten mit eindrucksvoller Konsequenz das Verhältnis von Farbe, Licht und Raum weiter. Bis in die 2000er Jahre arbeitete Kreutz zurückgezogen im niederbayrischen Antdorf. Dort starb er 2016 im Alter von 93 Jahren.

Die Retrospektive findet anlässlich seines 100. Geburtstags statt und bietet einen umfassenden Einblick in das Werk eines besonderen Künstlers im Grenzbereich des deutschen Informel. Seit 2022 befindet sich der Nachlass des Künstlers in der MKM Stiftung des Museum Küppersmühle – aus ihm wurde ein Großteil der Ausstellung zusammengetragen. Insgesamt zeigen über 70 Papierarbeiten, Gemälde und auch Tapisserien das große Spektrum an Techniken und Ausdrucksweisen, die in sieben Jahrzehnten des Schaffens entstanden sind.

Bildnachweis: Heinz Kreutz, Ohne Titel (13-10-04), 2004 Bleistift und Tusche auf Papier, MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, MKM Stiftung, Duisburg © Nachlass Heinz Kreutz, Foto: Henning Krause, Köln 2023


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