19. Juli — 13. Oktober 2024
Kunstmuseum Moritzburg


Gustav-Weidanz-Preis für Plastik 2023

Der Ausstellungssommer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) steht ganz im Zeichen der zeitgenössischen Kunst. Ab sofort und bis zum 13. Oktober 2024 ist neben der Werkschau von Sandra del Pilar mit dem Titel GHOST FIRE die Ausstellung der Preisträger des Gustav-Weidanz-Preises für Plastik 2023, Arnaud Grapain (* 1989) und Maëva Grapain (* 1992), zu sehen. Die Jury wählte das als Collectif Grapain agierende Duo aus, weil es mit der raumgreifenden und suggestiven Wirkungsästhetik seiner Bildwerke souverän überzeugte.

Die Geschwister Arnaud und Maëva Grapain bezeichnen sich selbst als „Neo-Archäologen“, die den Zustand unserer Welt erkunden. Sie fragen, wie und in welcher Umgebung wir aktuell und zukünftig leben. Welche Auswirkungen haben moderne Technologien auf Umwelt und Gesellschaft? Wird die Menschheit selbst für ihr Aussterben sorgen? Welche materiellen und immateriellen Hinterlassenschaften werden von der menschlichen Zivilisation übrigbleiben?

Den oft raumgreifenden Installationen liegen fundierte Erkenntnisse aus naturkundlichen Beobachtungen und Forschungen zugrunde. Optisch sind die Schöpfungen des Collectif Grapain Verbindungen aus organisch anmutenden und technologischen Elementen. Es sind Installationen, die wie Kombinationen aus futuristischer Science-Fiction-Ästhetik und wissenschaftlicher Experimentanordnung anmuten. Sie lassen zugleich an Versuchslabore und Spitzentechnologie sowie an organische Stoffe denken.

Drei der vier Werke in der Nordbox im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) hat Collectif Grapain eigens für die Präsentation geschaffen. Im Zentrum des Raumes steht Ghost Fire, ein großer Greifer, wie er bei Kranen genutzt wird, um grobes und sperriges Material zu heben. Das Blau des ihn umgebenden Vitrinenglases ähnelt dem leuchtenden Blau beim sogenannten Tscherenekow-Effekt. Dieser findet z. B. im Kühlwasser von Atomreaktoren statt, weil sich die elektrisch geladenen Teilchen in der Kernspaltungszone schneller als die Lichtgeschwindigkeit bewegen und so für eine Blau-Färbung des Wassers sorgen.

Die Fragen, was nach einer atomaren Katastrophe oder grundsätzlich nach dem Tod von Lebewesen übrigbleibt und welchen Wert Leben hat, thematisiert Carcasse 2, 3, 4 (dt.: Gerippe) mit drei Skulpturen aus Stromkabeln.

Pharmakon mit seinem technoiden Erscheinungsbild beruht auf der Beschäftigung des Collectif Grapain mit der Dualität von Pflanzen als Heilmittel einerseits und als potenziell schädliche Substanz anderseits.

Die Fotoserie X-Ray (2016/2024) lässt an eine apokalyptische Landschaftssilhouette denken und verdeutlicht die Strahlenbelastung, der wir alltäglich – und oft unbewusst – ausgeliefert sind.

Gustav Weidanz und der Gustav-Weidanz-Preis

Von 1916 bis 1959 lehrte Gustav Weidanz an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Als die Nationalsozialisten 1933 auch die von ihm geleitete Klasse für Bildhauerei schlossen, fürchtete er um seine Entlassung und trat in die NSDAP ein. Öffentliche Aufträge erhielt er erst wieder nach Kriegsende. Weder nach 1933 noch nach 1945 stellte Gustav Weidanz sein Werk und seine Lehre in den Dienst politischer Propaganda. Als in den späten 1950er Jahren seine Schülerinnen und Schüler im Kunstbetrieb der DDR sichtbar wurden, nahm man den schulbildenden Charakter seiner Lehrtätigkeit überregional wahr und würdigte diesen. Ab den 1970er Jahren ist die Hallesche Bildhauerschule eine feste Größe im Kunstbetrieb der DDR.

Seinen künstlerischen Nachlass vermachte Gustav Weidanz dem Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale); die hallesche Kunsthochschule in der Burg Giebichenstein wurde seine Alleinerbin. Testamentarisch stiftete Weidanz zudem einen Preis für junge Bildhauerinnen und Bildhauer. Seit 1975 vergeben Hochschule und Museum gemeinsam den Gustav-Weidanz-Preis.

Begleitprogramm

Kuratorinnenführung mit Anke Dornbach
Do, 29.08.2024 und Fr, 27.09. 2024 | jeweils 16.30 Uhr

Das Collectif Grapain

Ausbildung
2019/2020 Meisterschülerin Freie Kunst, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (Maëva)
2016/2017 Post-Master Studium „Creation and Globalization“, École Nationale Supérieure d’Art et de Design Nancy und Shanghai Institute of Visual Art (Arnaud / Maëva)
2016 & 2019 Master in Bildenden Künsten, École Nationale Supérieure d’Art, Villa Arson, Nizza (Arnaud / Maëva)
2014 & 2016 Bachelor in Bildenden Künsten, École Nationale Supérieure d’Art, Villa Arson, Nizza (Arnaud / Maëva)
2015 Bachelor in Textildesign, École Nationale Supérieure des Beaux-Arts de Lyon (Maëva)

Preise
2023 Preis für Kreation und Verbreitung, DRAC (Regionaldirektion für kulturelle Angelegenheiten), Île-de-France | Region Hannover, Tandem für Bildende Kunst, Ausstellung im Kulturgut Poggenhagen
2022 Kurzfilm Preis, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
2021 Jahresstipendium Bildende Kunst des Landes Niedersachsen | Teilnahme am Programm Jeunes Commissaires des Institut Français, Berlin
2020 Forschungsstipendium (Kurzstipendium) des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst)
2019 Forschungsstipendium der Fondation Kenza – Institut de France, Paris
2018 Preis für herausragende Leistungen, Universités Côte d‘Azur, Abteilung Kunst / MAIF Preis für Skulptur, Niort
2017 Internationales Forschungsstipendium, Région Grand Est, FR

Ausstellungen (Auswahl)
2023 Kollektivität, Speichern, Potsdam (GA) / Herbstausstellung, Kunstverein Hannover, Hannover (GA) / Ring Ring Ring , Gallery Pal project, Paris (GA) / ReVisited , Hannover Rück Stiftung, Hannover (GA)
2022 Offene Welten, Kestner Gesellschaft, Hannover (GA) / Teamwork, Schloss Agathenburg, Agathenburg (GA) / Somehow on film, Centre d’art Contemporani, Palma de Mallorca (GA) / Open, Centre d’arts Fernand Léger, Port de Bouc (GA)
2021 Data Nudity, Kunstverein DIE HALLE, Braunschweig (EA) / Onkalo, KÖ20, Hannover (EA) / Herbstausstellung des Kunstvereins Hannover, Markuskirche, Hannover (GA)
2020 I’m Not Always Where My Body Is, Kunstverein Braunschweig, Braunschweig (GA) / CRAC 2020 , Biennale d’Art Contemporain, Champigny-sur-Marne (GA) / Meisterschüler*innen 2020, Hannover Rück SE, Hannover (GA)
2019 OVNI festival, CNAC Villa Arson, Nizza (GA) / By-Collectors#1, La montgolfière, Paris (GA)
2018 MAIF Skulptur Preis 2018, MAIF Social Club, Paris (GA) / 8. Preis für junge Kreation, Atelier Blanc au Moulin des Arts, Saint-Rémy (GA) / Hybrid’Art, Contemporary Art fair, Port de Bouc (GA)
2017 FBI: Federal Bureau of Investigation, Bazar Compatible Program, Shanghai (EA) / Opus Mixtum, Archäologisches Museum Cimiez, Nizza (GA)
2016 ¡A Propos!, Gallery de la Marine, Nizza (GA) / Poetische Besichtigung des Observatoire de Nice, Observatoire de la Côte d’Azur, Nizza (GA)
2015 16 Nuances de Grès, Gallery Ygrec, Paris (GA) / Incertains Genre, Keramis – Centre de la Céramique, La Louvière (GA)
2013 Freier, aber nicht obligatorischer Eintritt, CNAC Villa Arson, Nizza (GA)
2011 Panorama’11, Gallery de Sèvres, Paris (GA)

Bildnachweis: Collectif Grapain: Carcasse (Ausschnitt), 2023, Installation, Stromkabel, Serflex, Metall, gebogenes IPN, Neonblau, IPN-Verankerungen, beweglicher Wagen, Lack, Wachs, 400 x 200 x 200 cm, Foto: Volker Crone © Collectif Grapain


Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
06108 Halle (Saale)
T: +49 34521259-12
F: +49 345 20299-90
info@kulturstiftung-st.de
www.kunstmuseum-moritzburg.de
www.kulturstiftung-st.de

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