2. Oktober bis 6. November 2022
Künstlerforum Bonn


Deutsch-israelisch-palästinensisches Ausstellungsprojekt

„Lauter Buchstaben und Zeichen aus dem Setzkasten der vergessenen Dinge, dachte ich mir und kam darüber in eine so glückhafte und zugleich angstvolle Verwirrung der Gefühle, dass ich auf den Stufen des stillen Treppenhauses mehr als einmal mich niedersetzen und mit dem Kopf gegen die Wand lehnen musste.“
W.G. Sebald, Austerlitz

Erinnerungen sind ein unausweichlicher Bestandteil der Beziehung zwischen Israel und Deutschland. Ist es Künstler*innen möglich, trotz der zum Teil traumatischen Vergangenheit eine über die Grenze des nationalen Gedächtnisses hinausgehende transnationale Perspektive zu entwickeln, ein ‚dialogisches Erinnern, von dem die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann spricht? Hierunter versteht sie eine wechselseitige Anerkennung von Opfer- und Täterkonstellation in Bezug auf eine gemeinsame Geschichte. Kann diese dialogische Perspektive dabei helfen, die andere Seite zu verstehen?

In der Ausstellung beschäftigen sich 14 deutsche, jüdisch-
israelische und palästinensisch-israelische Künstlerinnen
mit dem Thema Erinnerung. Komplex, sinnlich und opulent folgen die Werke aus den Bereichen Malerei, Video, Fotografie, Kinetik, Performance, Zeichnung und Installation den Spuren persönlicher Erinnerung und fordern die Betrachterinnen heraus, sich neben den kollektiven Diskursen der offiziellen Erinnerungskultur auf die persönliche Erinnerungsarbeit der Künstlerinnen einzulassen und sich selbst den eigenen Erinnerungen zu öffnen.

Schnell wird klar, dass die Vielzahl von Blickwinkeln faszinierend ist, sich die Beschäftigung mit Erinnerungen – bewussten oder unbewussten – aber auch in einem brodelnden Gärungsprozess befindet. Gerade im Hinblick auf die diesjährige Documenta 15 werden diese Prozesse schmerzlich deutlich: Das indonesische Künstlerkollektiv Ruangrupa – die künstlerische Leitung der diesjährigen Documenta – wollte ein radikales Gegenkonzept zu unserem westlichen Verständnis von Kunst entwickeln. Ein befreiender Paradigmenwechsel war ihr Ziel, doch das Ergebnis war eine kontroverse Diskussion über Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, die keinen klärenden Dialog zuließ.

Dabei wird deutlich, dass dem vielschichtigen Thema mit Schuldzuweisungen und verbalen Eskalationen nicht geholfen ist. Echo of Memories will durch die subjektive Beschäftigung mit Erinnerung und dem Einbinden der jeweiligen ‚anderen Seite‘ ausloten, ob im Dialog der komplexen Bildwelten auch ein gemeinsamer Erinnerungs-Dialog zwischen deutschen, jüdisch-israelischen und palästinensisch-israelischen Künstlern und Künstlerinnen möglich wird.
Anlässlich der Ausstellung erscheint begleitend das Buch „Echo of Memories“. In Interviews und Essays offenbaren deutsche, jüdisch-israelische und palästinensisch-israelische Künstlerinnen neben ihrer Sicht auf ihre Kunst auch persönliche und kollektive Erinnerungen, um so einen gemeinsamen Weg der Verständigung zu ermöglichen.

Künstler:innen: Nasrin Abu Baker, Raya Bruckenthal, Adva Drori, Raafat Hattab, Hanna Hennenkemper, Merav Kamel & Halil Balabin, Maria Saleh Mahameed, Heide Pawelzik, Willi Reiche, Belle Shafir, Fatma Shanan, Joscha Steffens und Zvi Tolkovsky

Kuratiert von Dr. Ilka Wonschik (www.gedaechtnisbilder.com) und Cornelia Renz (www.corneliarenz.info)

Programm

2. Oktober 2022, 16 Uhr: Vernissage mit der Performance DUSZA von Adva Drori, Musik: Alinde Quartett

20. Oktober 2022, 19 Uhr: Künstlergespräch mit Hanna Hennenkemper, Belle Shafir und Fatma Shanan

Bildnachweis: ©Zvi Tolkovsky


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