AUF PAPIER IST ES KUNST
6. Oktober bis 3. November 2024
Künstlerforum Bonn
Acht zeitgenössische Positionen mit Textil
Die Ausstellung „Auf Papier ist es Kunst – acht zeitgenössische Positionen mit Textil” inszeniert textile Kunstwerke repräsentativ wie exemplarisch.1 Die aktuelle Aufmerksamkeit für Textilkunst in Ausstellungen und Medien zeigt, dass die Bewertung des Werkstoffs, der lange als Kunstgewerbe oder dekorative Gebrauchskunst aus dem ‘weiblichen, heimischen Wirkungskreis’ angesehen wurde, im Umbruch ist. Die Ausstellung möchte zu diesem Perspektivwechsel einen Beitrag leisten. Hierfür werden die ästhetischen Qualitäten und gesellschaftsrelevanten Themen um die Textilkunst reflektiert. Darunter werden Diskurse zur Nachhaltigkeit und möglichen kolonialen Einflüssen sowie der Frage nach der Bedeutung von Geschlechterrollen in bildender Kunst und Kunstmarkt mit ausgewählten Positionen geöffnet.
Die Ausstellung greift bei der Vermittlung der Positionen auf ein großes Spektrum an Materialien und Medien zurück, wie Web- und Stickbilder, Objekte, Installationen und Performance Art. Die teilnehmenden Künstler:innen, Anna Eisermann, Achim R. Kirsch, Alke Reeh, Andreas Kopp, Gili Avissar, Karen Betty Tobias, Petra Deus und Veronika Moos bespielen Themen durch textile Kunstwerke auf unterschiedlichen inhaltlichen Ebenen und mit vielen Facetten. So entstehen Resonanzen und vielschichtige, wechselseitige Bezüge.
Petra Deus arbeitet mit Stoffen, die sie mit rotem Garn von Hand oder mit der Nähmaschine bestickt. Sie zeigt dabei persönliche und gesellschaftsrelevante Themen. Ihre Arbeiten wirken wie Zeichnungen auf dem weichen Material, während die Wirkung der Motive zwischen Fragilität und Ernsthaftigkeit schwankt. Andreas Kopps Stickbilder auf Papier thematisieren exemplarisch komplexe und tiefe emotionale Erfahrungen. Statt Stoff nutzt er Papier als Trägermaterial für die Fäden, die das glatte, feste Trägermaterial mit Haptik und Weichheit kontrastieren. Beide Künstler:innen erzählen in ihren Arbeiten Geschichten, eine Erzählform, die Karen Betty Tobias in Form von farbenprächtigen Stoffbüchern darstellt. Durch die Fäden des Gewebten und Genähten entsteht ein facettenreiches, sinnliches Gesamtkunstwerk, das mal mit Schrift ergänzt oder nur durch die dargestellten Formen zu den Betrachter:innen spricht.
Anna Eisermanns großformatiger Patchwork-Teppich wird immer wieder durch Stücke und Objekte ergänzt. Sie verwendet recycelte Materialien, die ihre Geschichte tragen und durch Zusammensetzung für die Installation eine neue erzählen. Alke Reeh spielt mit Stoffen und inszeniert sie als dreidimensionale Skulptur. Sie bezieht sich mit ihren Arbeiten „Decken”, entgegen der ersten Annahme, auf Gewölbedecken. Die Stoffe werden wie gotische Formen zusammengerafft und gehen in der Präsentation – liegend, hängend, verspannt – neue Bezüge zur Architektur des Ausstellungsraumes ein. So erzeugt sie einen starken Kontrast zwischen dem Werk und der Bedeutung, was Gegensätze aufzeigt wie Assoziationen von oben und unten sowie weichem und hartem Material.
Die Reflexion von Materialien wird mit Veronika Moos Arbeiten weitergeführt. Sie arbeitet häufig mit Flachs, mit dessen Anbauorten sie eng kooperiert oder das sie selbst anbaut. Es entstehen Gewebe, Objekte und Installationen im Raum, die trotz immer gleichem Material je nach Verarbeitung und Format unterschiedliche Wirkungen erzeugen, was die Vielfältigkeit in ihren Arbeiten darstellt.
Gili Avissar und Achim R. Kirsch sind mit Videoarbeiten vertreten. Dabei zeigt Gili Avissar verschiedene Aufnahmen von Performances, in denen er selbst als Akteur agiert. Achim R. Kirsch arbeitet mit einem textilen Figurenkanon, den er in Installationen inszeniert und in Animationen lebendig werden lässt. Die pastellfarbenen Stoffskulpturen schwanken zwischen Menschlichkeit und Fantasiewesen und die Musik der Videos verleiht ihnen dabei etwas Bedrohliches.
Die Ausstellung wird kuratiert von Sabine Klement und Susanne Grube.
Vernissage am Sonntag, 06. Oktober 2024 um 12 Uhr mit einer Einführung der Kuratorinnen
Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung:
Samstag, 12.10. 14 bis 18 Uhr
Workshop „Textil und Biografie – eine Narration gestalten“ mit Karen Betty Tobias (nur mit Anmeldung)
Sonntag, 13.10. 12 Uhr
Führung mit Sabine Klement
Donnerstag, 24.10. 18:30 Uhr
„Textilkunst: Indikator im soziokulturellen Diskurs“
Impulsvortrag, anschließend Diskussion mit Publikumsbeteiligung
Gast: Friederike Fast (stellv. Direktorin Kunstmuseum Bonn)
Donnerstag, 31.10. 18:30 Uhr
Führung mit Susanne Grube, anschließend Vortrag mit Veronika Moos „Textile Techniken als ästhetische Strategie“
Sonntag, 03.11. 15 Uhr Finissage
Performance „Ice-sense: wer jetzig Zeiten leben will“ von Petra Deus
Gefördert durch die Stiftung Kunst, die Stadt Bonn und Sponsoring von Alma & Lovis
Bildnachweis: Karen Betty Tobias, Reisen des Windenschwärmers, Leporello, Foto: Sylvia Binz
1 Der erste Teil des Titels geht auf ein Zitat von Anni Albers von 1984 zurück: „Galerien und Museen zeigten keine Textilien, das galt immer als Handwerk und nicht als Kunst […]. Auf Papier ist es Kunst.“ in: Internet Artikel in Wallpaper “The Anni Albers retrospective at Tate Modern anticipates 100 years of Bauhaus” von Harriet Lloyd-Smith
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