Ab 10. Juli 2024
Museum Penzberg – Sammlung Campendonk


36 Postkarten von Heinrich Campendonk, farbige Kleinode des Expressionismus, gehen durch die Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung als Dauerleihgabe an das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk

Einladung zur Pressekonferenz: Mi., 10.07.2024 um 14 Uhr
im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk
Anmeldung unter: museum@penzberg.de

Die Ernst von Siemens Kunststiftung unterstützt das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk durch die Sicherung von 36 Postkarten von Heinrich Campendonk als Dauerleihgabe. Das Museum ist sehr dankbar über diese großzügige Geste der Ernst von Siemens Kunststiftung, die genau zum rechten Zeitpunkt kommt. Das städtische Museum benötigt in finanziell angespannten Zeiten innerhalb der Stadt Unterstützung für die kulturelle Einrichtung. Im Jahr 2002 als Stadtmuseum gegründet und 2016 mit einem Neubau als Kunstmuseum fest verankert, verdankt es seinen Namenszusatz Heinrich Campendonk, dem jüngsten Maler der Künstlergruppe Blauer Reiter. Und der Tatsache, dass sich im Ort die Poststation Oberbayerns befand, von der aus die in Sindelsdorf lebenden Expressionisten Briefe und Postkarten mit der Bahn in die Welt versendeten: an ihre Netzwerke zu Künstlerkollegen, Galeristen und Sammlern.

Heinrich Campendonk (1889 – 1957) fügt dieser Tatsache eine wunderbar sehnsuchtsvolle Komponente hinzu. Er brachte in der Poststation der kleinen Bergarbeiterstadt Penzberg von 1912 an farbig bemalte Postkarten als Liebeswerbung an seine Verlobte Adda Deichmann im weit entfernten Kleve auf den Weg, ebenso wie er seinem Freund und Nachbarn Franz Marc in Abwesenheit „farbige Grüße“ sendete. Sie wurden zu Inkunabeln des Expressionismus, erzählen phantasievoll von drei Millionen inniger Küsse, von Adda in Indien, vom Paradies mit Kühen, Hund, Tiger und Katze und erhalten einen Höhepunkt, als seine kurzfristige militärische Einberufung 1915 Furcht und Schrecken auslöst, bildhaft begleitet von abstrahierten Portraits des Liebenden mit dem sehnlich erbetenen Wunsch, seine Frau und das neugeborene Kind wiedersehen zu dürfen.

Kunsthistorisch bezeugen die Postkarten Campendonks Entwicklung einer eigenständigen, expressionistischen Bildsprache mit außergewöhnlicher Farbqualität und Ideenreichtum. Für das Verständnis seines Oeuvres sind die kleinen Werke von großer Bedeutung. Angeregt sind sie wahrscheinlich durch die malerisch-poetische Korrespondenz zwischen Franz Marc und Else Lasker-Schüler. Diese „gemalten Grüße“ des jungen Campendonk fügen dem Expressionismus der Blauen Reiter eine weitere Facette hinzu, ebenso wie sie sich in die Postkartentradition der Brücke-Maler einreihen.

Für das Museum in Penzberg sind die Postkarten aus dem Nachlass Campendonks identitätsstiftend und daher von großer Tragweite. Als einziger der Blauen Reiter setzt er sich mit der naheliegenden Bergarbeiterstadt Penzberg auseinander. Die soziale und prekäre Komponente der schweren Arbeit macht er zum Thema seiner Kunst in Gestalt von Kühen und Lastentieren, oder auch Abraumhalden, die er symbolisch abstrahiert. Inhalte, die es in ihrer ganzen Tiefe noch zu erforschen gilt. Campendonks Ikonographie, sein spiritueller Kosmos von Mensch, Tier und Flora ist wegweisend. Bestens ersichtlich ist dies bereits in diesen Kleinoden des Expressionismus, in Form seiner Postkarten mit eben jenem persönlichen Ausdruck, der dem Publikum einen wunderbaren Zugang bereitet.

Nun ist die Ernst von Siemens Kunststiftung dem Wunsch des Museums nachgekommen, das bedeutende Konvolut von 36 Künstlerpostkarten Campendonks zu erwerben und der städtischen Sammlung als Dauerleihgabe zu übergeben. Für die städtische Institution kommt diese großzügige Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt: Tatsächlich wird sie der Sammlung Campendonk nach dem Rückzug einiger wichtiger Leihgaben eine dringend benötigte, dauerhafte Basis verleihen. In der gegenwärtig äußerst angespannten Finanzlage der Stadt ist das Museum über diese großzügige und stabilisierende Maßnahme von außen, die das Fortbestehen sichert, äußerst dankbar.

„Der enge Bezug zu Penzberg und die Dokumentation des privaten Austausches eröffnen den Betrachtern einen sehr persönlichen Zugang zu Campendonks Leben und Werk, da die Postkarten private Themen mit künstlerischen Sujets des Blauen Reiters verbinden. Aus diesem Grund war es für uns besonders wichtig, das gesamte Konvolut zu sichern, vor einer Zerstreuung zu bewahren und den Ankauf komplett zu finanzieren“, betont Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung. Mit dem Ankauf einer weiteren Postkarte unterstützt auch der Freundeskreis Heinrich Campendonk e. V. das Museum Penzberg.

Das Museum verdankt seine Erweiterung zum städtischen Kunstmuseum – mit der größten Sammlung zu Campendonks Oeuvre – der Großzügigkeit und dem Vertrauen von Dauerleihgebern, privaten Förderern, dem Freundeskreis Heinrich Campendonk sowie Fördermaßnahmen der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, des Bezirks Oberbayern, des Kulturfonds Bayern und nicht zuletzt schon vormals der Ernst von Siemens Kunststiftung. Die Präsentation, Erforschung und Verbreitung von Campendonks Werk ist allen Unterstützenden ein wichtiges Anliegen.

Ein großes Konvolut der im Museum befindlichen Arbeiten des Künstlers stammt aus dem Nachlass Campendonks. In diesem Familienbesitz mit erstklassiger Provenienz befinden sich bislang die Postkarten aus seinen frühen Jahren von 1909 bis 1915. In ihnen ist der Keim seines Schaffens zu sehen, in dem Landschaftsidyll, Traum, Sehnsucht und Reales eins werden. „Dieses Konvolut bildet im musealen Kontext den hochwertigen Auftakt zur Präsentation unterschiedlicher Schaffensphasen und Techniken des Künstlers, wie auch der Hinterglasmalerei, die Heinrich Campendonk seit seiner Zeit in Oberbayern meisterhaft in die Zukunft führte“, erläutert Museumsleiterin Annette Vogel und führt fort: „Auch für weitere bedeutende Werke aus dem Nachlass sucht das Museum dringend Förderer. Dazu gehört u.a. ein hervorragendes Konvolut von Glasmalereien Campendonks.“ Das städtische Museum wendet sich nun an Sammler und Experten des Blauen Reiter, um weitere Bestände gerade des jüngsten Mitgliedes dauerhaft für die Öffentlichkeit zu sichern.

2018 wurden die Postkarten zum ersten Mal mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk unter dem Titel „Gemalte Grüße“ ausgestellt und publiziert, ebenso hat die Kunststiftung dort ein grundlegendes Forschungs- und Restaurierungsprojekt zur Hinterglasmalerei finanziert.

Auch die kommende Neupräsentation der Dauerausstellung ab Sommer 2024 wird sich unterschiedlichen Forschungsanliegen widmen. Das neue, im Prozess befindliche Ausstellungsformat „FOKUS CAMPENDONK“ wird sich über die drei Stockwerke im Neubau erstrecken und zeigt etappenweise sein Wirken im Kontext der Avantgarde sowie in vielfältigen Medien, die ihn auszeichneten: Malerei, Tuschpinselzeichnungen und Aquarell, Hinterglas und Holzschnitt. Inhaltlich werden Fragen zu seinem Umgang mit Spiritualität, mit Natur und religiösen Themen aufgeworfen, gefolgt von seiner Rolle als Künstler im Exil im Zusammenhang mit dem Kunstgeschehen im Nachkriegsdeutschland.

Das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk

Neben Sonderausstellungen wird Heinrich Campendonk (1889–1957) stets in Penzberg präsent sein: Das Museum verfügt über die weltweit größte Sammlung des Jüngsten im Umfeld des Blauen Reiters. Mit 21 Jahren kam Campendonk 1911 auf Einladung von Franz Marc und Wassily Kandinsky aus dem Rheinland nach Oberbayern. Auf der Suche nach eigenen Motiven beeindruckte ihn die Bergwerksstadt Penzberg mit ihren besonderen Koloniehäusern und Bergwerksanlagen. Werke aus allen Schaffensphasen und in vielen Arbeitstechniken stehen dem Museum zur Verfügung. Permanent sind Ölgemälde und Hinterglasbilder ausgestellt. Daneben spielt die Stadtgeschichte immer eine Rolle im denkmalgeschützten Altbau des Museums und seinem innovativen Zwillingsbau aus dem Jahr 2016 – nicht zuletzt mit der original möblierten Bergarbeiterwohnung von 1920 sowie dem Gedenk- und Informationsraum zur „Penzberger Mordnacht“ vom 28.04.1945.

Wir danken unseren Dauerleihgebern und den dauerhaften Unterstützern, der Firma Roche Diagnostics und dem Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V.

Bildnachweis: Dauerleihgabe Ernst von Siemens-Kunststiftung, Museum Penzberg – Sammlung Campendonk © VG Bild-Kunst, Bonn 2024


Museum Penzberg – Sammlung Campendonk
Am Museum 1, 82377 Penzberg
Tel.: +49 (0)8856 / 813 480
Mail: museum@penzberg.de
Internet: www.museum-penzberg.de
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 10-17 Uhr
Öffentliche Führungen: So 11 Uhr

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