12. Oktober 2024 – 9. Februar 2025
Museum Ludwig


Pressekonferenz: Freitag, 11. Oktober 2024, 11 Uhr, Vorbesichtigung ab 10 Uhr
Eröffnung: Freitag, 11. Oktober 2024, 19 Uhr

Mit der Ausstellung Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson betrachtet das Museum Ludwig die bis heute einflussreiche Kunstbewegung der 1960er Jahre neu. Kristallisationspunkte sind die Werke der Künstler*innen Ursula Burghardt (1928–2008) und Benjamin Patterson (1934–2016). Beide Künstler*innen waren mit dem Fluxus-Netzwerk verbunden. Aus unterschiedlichen Gründen verblieben sie jedoch an dessen Peripherie und sind daher bis heute wenig oder gar nicht bekannt.

Köln, eines der vibrierenden künstlerischen Zentren des Rheinlandes jener Zeit, wurde Anfang der 1960er Jahre zum Treffpunkt internationaler Künstler*innen. Eine große Anziehungskraft ging vom Studio für Elektronische Musik des WDR aus. Die Fluxus-Bewegung knüpfte an die Neue Musik an. Ausgehend von musikalischen Konzepten, die besonders von John Cage beeinflusst waren, entfaltete sich Fluxus in Aktionen und Aufführungen, die Kunst und Leben sowie unterschiedlichste Medien miteinander verschmolzen. Im Atelier der Künstlerin Mary Bauermeister in Köln fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, bei denen Musik, Literatur, Kunst und Architektur zusammengebracht wurden. 1960 kam es hier zur persönlichen Begegnung von Burghardt und Patterson.

Der erste Teil der Ausstellung ist den Anfängen von Fluxus in Köln, Wiesbaden und Wuppertal mit einem Ausblick nach Paris und New York gewidmet. Zugleich wird der gesellschaftshistorische Kontext Kölns jener Zeit in den Blick genommen. Die von Trümmergrundstücken, wiederhergestellten Häusern und repräsentativen Neubauten geprägte Stadt stand im Zeichen von Verdrängung. In der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft war die Ideologie des Nationalsozialismus nicht plötzlich verschwunden. So wurden 1959 bundesweit Hunderte antisemitischer Anschläge verübt, von denen einer die gerade wieder hergerichtete Synagoge in der Kölner Roonstraße traf.

Im zweiten und dritten Teil werden in eigenen Bereichen die Werke von Burghardt und Patterson vorgestellt, wobei auch die Brüche in ihren jeweiligen Karrieren sowie ihre Erfahrungen mit Ausgrenzung und gesellschaftlichen Herausforderungen beleuchtet werden.

Benjamin Patterson, in Pittsburgh geboren und studierter Musiker, hatte um 1960 ein umfangreiches Konvolut von Partituren geschaffen und organisierte mit George Maciunas 1962 in Wiesbaden die Fluxus: Internationale Festspiele Neuester Musik, die als Geburtsstunde von Fluxus gelten. Danach unterbrach er seine Karriere für eine 22-jährige Erwerbsarbeit in den USA. Er fällte seine Entscheidung in einem weiß dominierten künstlerischen Umfeld, mit dem er die Erfahrung „tiefsitzender Entfremdung“ verband. Erst 1988 begann er sich wieder ganz seiner künstlerischen Arbeit zu widmen. Die Ausstellung stellt diese Schaffensphase umfassend vor.

Ursula Burghardt, in Halle an der Saale geboren, floh 1936 mit ihren Eltern vor der Verfolgung jüdischer Menschen durch die Nationalsozialisten nach Buenos Aires. 1960 lebte sie seit etwa drei Jahren in Köln. Das Leben als Jüdin inmitten der postnazistischen Gesellschaft der alten Bundesrepublik und deren Leugnung der eigenen Täterschaft war für sie prägend. Zudem war sie lange ohne Atelier der familiären Reproduktionsarbeit verpflichtet und unterbrach ihre künstlerische Arbeit zwischen 1960 und 1965, als sie zwei Töchter bekam.

Patterson blieb während seiner langjährigen Auszeit mit Fluxus verbunden, weil seine Stücke häufig mit seiner Teilnahme weiter aufgeführt wurden. Zwar wird er heute zu den Mitbegründer*innen von Fluxus gezählt, sein Werk blieb jedoch in der Rezeption lange unberücksichtigt. Burghardt wiederum gehörte nicht direkt zum Fluxus-Kreis. Sie stand jedoch in Kontakt zu Künstler*innen, die mit Fluxus assoziiert waren. Nach ihrer Schaffenspause 1965 wandte sie sich von der abstrakten Skulptur ab und begann, Alltagsobjekte aus Metall und Stoffen nachzuformen. Dabei verfremdete sie die Gegenstände durch den Materialtransfer in einer Weise, dass sie die Abstraktion in sich aufnahmen. Ihr Werk und die subversive und performative Bedeutung der Objekte sind bislang noch nicht hinreichend gewürdigt worden.

Fluxus und darüber hinaus: Ursula Burghardt, Benjamin Patterson wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Konzerten, Lesungen und Workshops begleitet.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, hrsg. von Barbara Engelbach; mit Textbeiträgen von Yilmaz Dziewior, Barbara Engelbach, julia elizabeth neal und Kathrin Rottmann; ca. 280 Seiten mit zahlreichen Abb., deutsch/englisch; Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln, ISBN 978-3-7533-0690-2.

Kuratorin: Barbara Engelbach

Kuratorische Beratung: Annemone Christians-Bernsee (NS-Dokumentationszentrum Köln) und julia elizabeth neal (History of Art Department, University of Michigan, USA)

Die Ausstellung wird großzügig gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und der Peter und Irene Ludwig Stiftung. Weitere wesentliche Förderer sind die Freunde des Wallraf-Richartz-Museums und des Museums Ludwig e.V., Miltenyi Biotec sowie die BEATRIX LICHTKEN STIFTUNG.

Soziale Medien

Das Museum Ludwig verwendet in seinen Mitteilungen über die Ausstellungen in den sozialen Medien den Hashtag #MLxFluxus.

Bildnachweis: Ursula Burghardt, Reitstiefel, 1968 © Künstler:innenarchiv der Stiftung Kunstfonds, Nachlass Ursula Burghardt / Benjamin Patterson, Helmet (Helm), 1976, Museum Ludwig, Köln. Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln/Sabrina Walz © The Estate of Benjamin Patterson


Museum Ludwig
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