12. Oktober 2024 – 10. August 2025
Deutsches Ledermuseum in Offenbach am Main


Sie ist Transportmittel, nützlicher Begleiter oder als Statussymbol ein Objekt der Begierde. Es gibt sie in unzähligen Ausführungen und für die verschiedensten Anlässe – sei es zum Einkaufen, für die Arbeit, den Sport, zum Reisen oder als Abendbegleiter. Kein anderer Gegenstand ist, sobald wir das Haus verlassen, stets zur Hand und trägt alles, was wir unterwegs benötigen: DIE TASCHE.

In einer vielseitigen Ausstellung taucht das Deutsche Ledermuseum in Offenbach am Main in die Kulturgeschichte der Tasche als weltweit verwendeter Gebrauchsgegenstand, Modeartikel und Luxusgut ein. Über 200 Exponate aus drei Jahrtausenden vom altägyptischen Lederbeutel, über mittelalterliche Gürteltaschen, erste Reisetaschen aus dem 19. Jahrhundert bis zu praktischen Rucksäcken, eleganten Handtaschen sowie einer Einkaufstüte aus biologisch abbaubarem Plastik erzählen ab dem 12. Oktober 2024 in der Ausstellung immer dabei: DIE TASCHE von einem der ältesten und vielseitigsten Accessoires der Menschheit.

Mit einem Schwerpunkt auf die europäische Taschengeschichte zeichnet die Schau punktuell die Entwicklung sowie die Vielfalt von Taschen und ihrem Design in chronologischer Abfolge mit Exkursen zu den Themen: Die Designertasche als Statussymbol, Mehr als Leder – Zur Materialität von Taschen und Lederwaren aus Offenbach am Main nach. Objekte aus verschiedenen Kulturen Afrikas, Asiens, den Amerikas sowie der Polarregionen komplementieren die Präsentation.

Men’s bags – keine Erfindung des 21. Jahrhunderts

Als Vorläufer, der heutzutage in der sportlichen Streetwear als Hip bags oder Crossbody von Männern selbstverständlich getragenen Taschen, können Gürteltaschen aus dem Mittelalter gelten. Es waren zunächst Männer, die aus Mangel an in der Kleidung eingenähten Taschen lederne Exemplare für den Transport unter anderem von Münzen, Siegel oder Schlüssel an ihren Gürtel hängten und mitführten.

Der reine Gebrauch der gut sichtbaren Taschen wandelte sich zunehmend, wie eine sogenannte Doppeltasche aus dem späten 16./frühen 17. Jahrhundert in der Ausstellung exemplarisch demonstriert, auch in ein Statussymbol. Das wohlhabende Bürgertum – Frauen folgten schnell den männlichen Vorbildern – und reiche Kaufleute zeigten sich mit diesen, sich aus mehrfach beutelartigen, mit Knöpfen und Schnüren verschlossenen Einzeltaschen zusammengesetzten Modellen. Der Adel trug hingegen zu jeweiligen Anlässen, beispielsweise reich verzierte Jagd- oder Falknertaschen, gut sichtbare Gürteltaschen aus kostbaren Materialen wie Seide, Samt und Leder.

Eine Aktentasche aus Leder mit Handvergoldung von Beginn des 19. Jahrhunderts verweist auf den Umstand, dass mit Aufkommen des Portemonnaies die Gürtel- oder Beuteltaschen des Mannes sich zu mit dem Beruf konnotierten Akten- und Brieftaschen weiterentwickelten. Ein Revival erfuhr die Männertasche in den 1970er Jahren bis in die 1980er Jahre als Umhängetasche und vor allem als ikonische Handgelenkstasche, wie in der Ausstellung ein schwarzes Modell aus der Frühjahr/Sommer-Kollektion 1988 von Comtesse zeigt.

Die Designertasche als Statussymbol

Dass nicht nur die Materialität einer Tasche von ihrem Wert zeugt, wird in der Ausstellung im Kapitel Die Designertasche als Statussymbol deutlich. Heutzutage wird das beliebte Accessoire nicht mehr nur durch die Qualität des Leders, die handwerkliche Ausführung und das Design zum luxuriösen Statussymbol, sondern vor allem durch die Marke. Luxuswarenunternehmen, die aus dem klassischen Lederhandwerk hervorgingen, wie etwa Hermès, Louis Vuitton, Gucci oder Prada, sind durch ihre Taschenkreationen zu Weltruf gekommen. Erheblich dazu beigetragen haben berühmte Trägerinnen wie Grace Kelly, Jacqueline Kennedy, Jane Birkin oder Prinzessin Diana. Einblicke in die Welt der Luxustaschen gewähren im Deutschen Ledermuseum Modelle unter anderem von Hermès, Gucci, Fendi, Louis Vuitton, Tod’s, Jacquemus und Prada. Auch Entwürfe namhafter Designerinnen wie Dries Van Noten oder Vivienne Westwood sind vertreten. Ob sich der Kauf einer solchen Tasche auszahlt, erfahren die Besucherinnen exemplarisch in Videoausschnitten von Volkan Yilmaz, der als Tanner Leatherstein auf TikTok und YouTube mit hunderttausenden Aufrufen Luxushandtaschen auseinanderschneidet, um deren Qualität zu analysieren.

Vom Beutel zur Handtasche

Die Entwicklungsgeschichte der Damenhandtasche, ein Produkt des 20. Jahrhunderts, und ihrer Vorläufer finden sich in der Präsentation in einer Bandbreite an Formen und Materialien wieder. Bis ins frühe 19. Jahrhundert gebrauchten Frauen Beutel, Pompadours, Ridiküls oder Handarbeitskörbchen mit wenig Stauraum. Mit steigender Reisetätigkeit und durch die sich wandelnde gesellschaftliche und soziale Rolle der Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts verschwanden diese zugunsten von größeren und stabileren Taschen, zumeist aus Leder, versehen mit einem Bügel und Verschluss. Heute verlassen die meisten Frauen täglich das Haus mit einer großen Tasche oder einem Rucksack, deren Inhalt eher auf eine Kurzreise hinweist als auf den Weg ins Büro.

Mehr als Leder – Zur Materialität von Taschen

Wie die Form, so war und ist auch das Material von Taschen dem Wandel unterworfen und geprägt von Funktionen, Moden und Trends. Neben Modellen aus gängigen Lederarten offerieren Exponate aus exotischen Werkstoffen oder alternativen Materialien eine besondere Seite. Taschen aus Krokodil- oder Schildkrötenleder weisen zum Beispiel auf die Blütezeit dieser exquisiten Lederwaren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hin. Ein Parfleche, eine aus Rohhaut gefaltete Tasche, der Crow aus Nordamerika, eine Handtasche aus Katfisch oder aus Rindermagen stehen stellvertretend für Modelle aus artverwandten Materialien. Faszinierend und befremdlich zugleich muten darüber hinaus Taschen aus dem Fell eines Ozelots oder aus dem getrockneten Panzer eines Gürteltiers mit präpariertem Kopf und Gliedmaßen aus Mexiko an. Weitere Besonderheiten der Schau sind unter anderem eine 120 Jahre alte Tasche gefertigt aus Apfelkernen, ein japanischer Tabakbeutel der Meiji-Zeit aus einer Kokosnussschale sowie Objekte aus Metall oder Kunststoff. Ausgewählte Werkstoffe sind nicht nur am Objekt zu bestaunen, sondern auch an Fühlstationen haptisch selbst erfahrbar.

Immer dabei – die Tasche

Einzelne Exponate in der Chronologie verweisen zudem auf historische Begebenheiten, die ausschlaggebend für die Weiterentwicklung der Tasche waren. So bedingte zum Beispiel die Erfindung der Eisenbahn und des Dampfschiffs im 19. Jahrhundert das Aufkommen von Reisegepäck. Neben Koffern kam es dabei auch zur Ausbildung von kleineren Reisetaschen. Ein Exemplar mit Glasperlen- und Gobelinstickerei aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ziert gar den Schriftzug „Bon Voyage“ (frz.: gute Reise). Eine in Offenbach am Main produzierte Unterarmtasche in Form eines Flugzeugs aus den 1920er Jahren mit der Aufschrift „Lindbergh“ – die eher wie ein Modell anmutet – erinnert außerdem an die Überquerung des Atlantiks durch einen Nonstopflug von New York nach Paris durch den Piloten Charles Lindbergh 1927.

Zum Staunen bringen wird die Besucherinnen eine Innovation der 1950er Jahre, die Handtasche „Straeter Lite-on“ mit integrierter Beleuchtung. Durch einen Schalter an der Schließe konnte eine batteriebetriebene Glühbirne sowohl das Innere der Tasche als auch durch ein kleines Kunststofffenster nach außen hin leuchten.

Lederwaren aus Offenbach am Main

Mit Modellen aus regionaler Fertigung wirft die Ausstellung zudem Schlaglichter auf die historische Bedeutung von Offenbach am Main als Lederstadt, die einst Weltruhm genoss. Ein Beispiel ist das 1856 als Ludwig Krumm AG Vereinigte Lederwarenfabriken gegründete und 1931 umbenannte Lederwarenunternehmen Goldpfeil, dessen Taschen den Ruf als Statussymbol genossen und in einer Reihe mit Hermès und Louis Vuitton genannt wurden. Gleiches galt für das Unternehmen Comtesse, das sich auf die Verarbeitung von Rosshaar spezialisierte und mit seinen luxuriösen Taschen Anhänger*innen bis in das japanische Kaiserhaus gewinnen konnte. So ist das Modell zu sehen, dass die damalige Kronprinzessin (heute Kaiserin) Masako 1993 zur Feier ihrer Hochzeit trug. Zeitgenössische Kreationen etwa des international erfolgreichen Designerlabels TSATSAS oder das in Kleinauflagen produzierenden Unternehmens frischBeutel zeigen moderne Wege einer Wiederbelebung der vergangenen Lederwarenbranche.

Kooperation mit dem Studiengang Accessoire Design der Hochschule Pforzheim

Im Rahmen der Ausstellung kooperiert das Deutsche Ledermuseum mit der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim, die den deutschlandweit einzigen Bachelorstudiengang ‚Accessoire Design‘ anbietet. Studierende der Klasse von Prof. Madeleine Häse kreierten im Sommersemester 2024 Taschen, die sich zwischen angewandter Kunst und funktionalem Design bewegen sowie Verbindungen zu gegenwärtigen, gesellschaftlichen Kontexten schaffen. Eine Auswahl der Entwürfe wird in den Ausstellungsparcours integriert sein.

Darüber hinaus laden interaktive Stationen Besuchende jeden Alters dazu ein, selbst kreativ zu werden und die Taschen- und Themenvielfalt der umfangreichen Präsentation spielerisch zu erkunden. Schnittmuster und Werkstoffe geben unter anderem Einblicke in die Herstellung einer Tasche.

Die Ausstellung wird von Dr. Inez Florschütz und Leonie Wiegand M.A. kuratiert.

Publikation

Begleitend zur Ausstellung erscheint Anfang 2025 eine umfassende Publikation, herausgegeben von Dr. Inez Florschütz in Zusammenarbeit mit Leonie Wiegand M.A.

Pressekonferenz

Die Pressekonferenz wird am Donnerstag, den 10. Oktober 2024, um 11:00 Uhr, im Deutschen Ledermuseum stattfinden. Gerne nehmen wir Ihre Anmeldung dafür entgegen wie wir auch für individuelle Pressegespräche zur Verfügung stehen.

Die Ausstellung ist bis zum 10. August 2025 im Deutschen Ledermuseum zu sehen.

Ermöglicht wird die Ausstellung durch die Förderung der Dr. Marschner Stiftung.

Zudem unterstützt die Hessische Kulturstiftung das Ausstellungsprojekt.
Außerdem kommen Mittel aus dem Förderkreis des Deutschen Ledermuseum e.V. der Ausstellung zugute.

Bildnachweis: Aktentasche für Monsieur Dumoulin in Delémont (Delsberg), Fa. Garnesson, Paris, Frankreich, Anfang des 19. Jh. / Leder, Handvergoldung © Deutsches Ledermuseum, M. Url


DEUTSCHES LEDERMUSEUM
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Telefon +49 69 82 97 98 0
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www.ledermuseum.de

Mittwoch bis Freitag 10:00 bis 17:00 Uhr
Samstag bis Sonntag, Feiertag 11:00 bis 18:00 Uhr
Die aktuellen Öffnungszeiten finden Sie auf unserer Website unter www.ledermuseum.de/besuch.

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