12. Februar – 16. Mai 2022

Galerie Karsten Greve, Köln


Die Galerie Karsten Greve freut sich, zu Beginn des neuen Jahres mit QIU SHIHUA Visible… Invisible
dem chinesischen Gegenwartskünstler Qiu Shihua zum dritten Mal eine Einzelausstellung in Köln zu
widmen. Es ist dies seine siebente Soloschau in der Galerie Karsten Greve, die Qiu Shihua seit 2015
repräsentiert und präsentiert. Gezeigt werden elf Ölgemälde aus den Jahren 2006 bis 2019 sowie zwölf
Arbeiten auf Papier, die zwischen 2018 und 2019 entstanden und bislang noch nie ausgestellt waren.
Auf den ersten Blick erscheinen die Werke Qiu Shihuas monochrome Malereien zu sein. Doch aus dem Nichts flächendeckender Weiß-in-Weiß-Tonigkeit, welche den Naturton der rohen Leinwand wie einen transparenten, weißen Schleier lasierend bedeckt, werden schwache Kontraste und schemenhafte Konturen sichtbar. In transparenten Lasuren lässt Qiu Shihua Landschaftsmotive in Erscheinung treten und wieder verschwinden. Schattierungen verdichten sich zu Hügeln und Tälern, Baumgruppen und Waldsilhouetten, Gebirgskämmen und felsigen Abgründen. Die Sonne blitzt auf als Lichtpunkt und Orientierungshilfe in undurchdringlichen Nebelschwaden. Leichte Farbmodulationen in weißlichem Grundton durchbrechen die Monochromie und offenbaren sich bei längerer Betrachtung als Überlagerung zartfarbiger Schichten in blassem Grau, Blau, Rosa, Gelb. „In meinen Bildern versuche ich, Visionen jenseits des Sichtbaren zum Ausdruck zu bringen. Dennoch versuche ich auch, die Dinge vollständig und zugleich lebendig darzustellen. Betritt der Betrachter den (Bild)raum, wird er fühlen, wie wirklich sie sind, und er wird merken, wie das, was er sieht, sich jedes Mal ändert, mal zu-, mal abnimmt, je nach seiner inneren Verfassung“, so Qiu Shihua über seine Malerei.

In der Malerei Qiu Shihuas sind atmosphärische Anknüpfungen an die Traditionen chinesischer Landschaftsmalerei feststellbar, etwa die extreme Reduzierung der Farbigkeit, kaum noch erkennbare motivische Verweise sowie Beschränkung auf wenige, sparsam eingesetzte Mittel und Techniken. Die chinesische Shanshui-Malerei etwa setzt sich aus den Komponenten shan (Berg) und shui (Wasser) zusammen und verdeutlicht in ihrer Zusammenführung die komplementäre Einheit beider unterschiedlicher natürlicher Gegebenheiten. Diese Merkmale sind bei Qiu Shihua nicht nur künstlerisches Zitat, sondern Ausdruck eines ästhetischen und weltanschaulichen Programms, das sich erst im Verlauf der 1980er Jahre in die heute bekannte Richtung entwickelte. Die stillen Landschaften Qiu Shihuas erinnern an die kargen Gebiete des Lössplateaus im Nordwesten Chinas, wo er über zwanzig Jahre in Zurückgezogenheit lebte. Er sublimiert in seinen Werken eine langjährige Lebenserfahrung in der Wüste Gobi, wo er sich auch dem Taoismus zuwandte. Die Landschaftsvisionen variieren zwischen taoistischen Konzepten der Wiederholung und Leere einerseits sowie der westlichen Idee von Abstraktion und Reduzierung andererseits. Die Auflösung der Landschaft in ein zunehmend malerisches Geschehen lässt an Parallelen zu frühen Abstraktionsbewegungen in der westeuropäischen Kunst denken, beispielsweise an die um 1840 entstandenen Venedig-Bilder von William Turner oder die Flüchtigkeit bestimmter Lichtsituationen in Pastellen von Claude Monet. Der impressionistischen Malweise vergleichbar, in der die Darstellung des Lichts und der atmosphärischen Bedingungen die malerische Hauptaufgabe ist, in der Farbe als Folge von Licht und Atmosphäre gesehen und als Träger des Lichts wiedergegeben wird, verzögert Qiu Shihua durch das subtile Zusammenspiel von Licht und Schatten das In-Erscheinung-Treten der landschaftlichen Gegebenheiten und den Vorgang der Bildwerdung.

Geboren 1940 in Zizhong, Provinz Sichuan, China, studierte Qiu Shihua bis 1962 an der Kunstakademie Xi’an Ölmalerei, die sich am Malstil des Sozialistischen Realismus sowjetischer Prägung orientierte. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er während der Zeit der Kulturrevolution für ein Kino in Tongchuan in der Provinz Shaanxi, wo er Filmplakate und Werbetransparente malte. Reisen nach Europa, ein langjähriger Aufenthalt in der Wüste Gobi und die Hinwendung zum Taoismus führten Ende der 1980er Jahren zu einem Wandel in seiner künstlerischen Arbeit. In den 1990er Jahren eröffnete Qiu Shihua erste Soloausstellungen in Galerien in China und Taiwan. Er nahm an den Biennalen von São Paulo (1996), Venedig (1999) und Shanghai (2004) teil. 2001 präsentierte die Kunsthalle in New York die erste Einzelausstellung Qiu Shihuas außerhalb Chinas. 2012 widmeten der Hamburger Bahnhof – Museum für
Gegenwart in Berlin und das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern dem Künstler umfassende Einzelpräsentationen. Hervorzuheben sind die Wanderausstellung Mahjong – Chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg mit den Stationen Kunstmuseum Bern (2005) – Hamburger
Kunsthalle (2006) – Museum der Moderne Salzburg (2007), schließlich die Gruppenausstellung Shanshui – Poetry without Sound? Landscape in Chinese Contemporary Art im Kunstmuseum Luzern (2011). Das Werk Qiu Shihuas ist in internationalen öffentlichen Sammlungen vertreten, beispielsweise im Metropolitan Museum of Art, New York, in The Royal Academy of Arts in London und der Fondation Louis Vuitton, Paris. Qiu Shihua lebt und arbeitet in Peking (Beijing) und Shenzhen, China.

Bildnachweis: Qiu Shihua in seinem Atelier, Peking (Beijing), 2018 © Qiu Shihua Courtesy Galerie Karsten Greve Köln, Paris, St. Moritz


GALERIE KARSTEN GREVE
Drususgasse 1-5
D-50667 Köln
Tel. +49(0)221 2571012
www.galerie-karsten-greve.com

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